Niemand befasst sich gern mit schwerer Krankheit und dem eigenen Tod. Doch was, wenn ein Unfall ins Koma führt oder wenn eine Demenz weit fortgeschritten ist? Dann können Betroffene ihren Willen nicht mehr äußern.

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In einer Patientenverfügung wird festgelegt, wie in einem Notfall im Bereich der medizinischen und pflegerischen Versorgung verfahren werden soll. Es geht dabei um sehr komplexe Themen wie eine auftretende Demenz, eine andere Hirnschädigung, die es unmöglich machen, eigene Wünsche und Bedürfnisse zu äußern, oder eine nicht heilbare Krankheit. Patientenverfügung muss konkrete medizinische Situationen beschreiben

Dabei kommt es auf eine genaue Formulierungen an. Das bestätigte nun auch der Bundesgerichtshof mit einem aktuellen Urteil (Az. XII ZB 61/16). So urteilten die Richter, dass Festlegungen in der Patientenverfügung nur dann bindende Kraft hätten, wenn sie einzelne ärztliche Maßnahmen benennen, Krankheiten klar bezeichnen und auch bei Behandlungssituationen keine Interpretationsspielräume offen lassen.

Patientenverfügungen sind meist zu pauschal gehalten

"Sätze wie 'Ich wünsche keine lebenserhaltenden Maßnahmen' sind zu pauschal", sagt Dr. Ansgar Beckervordersandfort, Fachanwalt für Erbrecht und Notar und Partner von Smartlaw. "Die Verfügung muss konkrete medizinische Situationen beschreiben, in die ein Mensch geraten kann, und sie muss Behandlungsmethoden für jede dieser Situationen explizit benennen beziehungsweise ausschließen.", ergänzt der Anwalt. Nur dann könnten Mediziner eindeutig auf den Willen eines Patienten schließen, der sich nicht mehr klar artikulieren kann.

Ausgelöst hatte die Frage nach dem Wert einer nur ungenauen Patientenverfügung der Streit von drei Schwestern. Die Mutter der Schwestern war Jahrgang 1941. Nach einem Hirnschlag konnte sie nicht mehr sprechen. Ernährt wurde sie über eine Magensonde. Die Geschwister waren sich uneinig; wie sollten sie nun weiter mit der pflegebedürftigen Mutter verfahren? War ihr Leben nun unter diesen Umständen nichts mehr wert? Hätte sie selbst gewollt, dass man ihrem Leben trotz der niederschmetternden Lebensumstände eine medizinische Verlängerung angetragen hätte? Drei Menschen, drei Meinungen. Und keine klare Ansage vom Patienten, ihrer Mutter.

So hatte die Frau gleich zwei Verfügungen aufgesetzt und in beiden entschieden, dass sie, falls sie einen schweren Gehirnschaden erleiden sollte, keine "lebensverlängernde Maßnahmen" wünsche. Zugleich hatte sie einer ihrer Töchter die Vollmacht gegeben, diesen, ihren Wunsch, den sie in der Vollmacht festgehalten hatte, durchzusetzen. Die bevollmächtigte Tochter war nun der Ansicht, dass die Aufhebung der künstlichen Ernährung sicher nicht dem Wunsch der Mutter entsprochen hätte. Die zwei übrigen Schwestern waren da aber anderer Ansicht.

Und gerade hier wäre eine konkrete Aussage der Mutter extrem hilfreich gewesen. Das sahen die BGH Richter auch so, sie bewerteten die Verfügungen als nicht konkret genug. Gezielte Verweise auf bestimmte Maßnahmen oder auf konkrete Krankheiten hätten hier für Abhilfe sorgen können.

Patientenverfügung & Vorsorgevollmacht regelmäßig aktualisieren

Experten raten davon ab, Standardformulare zu verwenden. Wer eine Patientenverfügung aufsetzen möchte, sollte sich mit Familie, Freunden und gegebenfalls dem Hausarzt beraten. Dieser weiß, welche Behandlungsmethoden in welcher Situation potenziell zum Einsatz kommen.

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Weiterhin sollte eine Patientenverfügung regelmäßig aktualisiert werden. Zwar bleibt eine Verfügung formaljuristisch auch nach vielen Jahren wirksam, in der Praxis führt ein altes Dokument aber oft zu Problemen. Schließlich können sich die Einstellung zu bestimmten Themen ebenso ändern, wie der medizinische Stand.

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