Wie man den Willen eines Versicherungsnehmers auslegt und wie man die Begriffe „Ehegatte“ und „Witwe/r“ gegeneinander abgrenzt, damit hat sich der BGH befassen müssen. Ein Mann hatte bei Abschluss seiner Lebensversicherung für Todesfall „den verwitweten Ehegatten“ begünstigt. Jahre später wurde die Ehe das Versicherten geschieden, der Mann heiratete erneut und verstarb später. Am Ende landete der Streit vor dem BGH zu der Frage, an welche Frau der Versicherer die Todesfallleistung bezahlen muss. An die erste, längst Geschiedene oder an die Ehefrau, mit der der Verstorbene zum Zeitpunkt seines Todes verheiratet war?

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Fiala/Schramm: Familienstand „geschieden“ und „verwitwet“ geht nicht

Der BGH entschied (Az. IV ZR 437/14), dass die erste, als die geschiedene Ex-Frau in den Genuss des Geldes aus der Police kommt. Die Auszahlungsbestimmung des Versicherten sei „auch im Fall einer späteren Scheidung der Ehe und Wiederheirat des Versicherungsnehmers regelmäßig dahin auszulegen, dass der mit dem Versicherungsnehmer zum Zeitpunkt der Bezugsrechtserklärung verheiratete Ehegatte bezugsberechtigt sein soll“, schreibt das Gericht.

Diese Rechtsauslegung kommentieren Rechtsanwalt Johannes Fiala und der Versicherungsmathematiker Peter Schramm bei „procontra-online“ und erklären logisch, dass als Familienstand (neben „ledig“ und „verheiratet“) nur „verwitwet“ oder „geschieden“ möglich sind. „Wer geschieden ist, kann demnach nicht verwitwet sein“, argumentieren Fiala/Schramm. Demnach könne die erste Frau, weil geschieden, nicht als „verwitwet“ gelten und nicht in den Genuss der Versicherungsleistung kommen.

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Versorgungsausgleich plus Versicherungsleistung gerecht?

Außerdem führen die Autoren weiter aus, dass bei Ehescheidungen in der Regel ein Versorgungsaugleich durchgeführt wird. Fiala/Schramm: „Die erste Ehefrau hat mithin normalerweise im Rahmen der Scheidung ihren ,gerechten’ gesetzlichen Anteil an der Lebensversicherung bereits erhalten.“ Bekommt die geschiedene Frau nun noch einmal Geld von der Lebensversicherung, „stellt sich die Frage nach der Gerechtigkeit“. Zumal die zweite, aktuelle Ehefrau leer ausgeht. „Besser könnte ,der zuletzt in gültiger Ehe lebende Ehegatte’ sein“, ergänzen die Autoren für die Formulierung des Bezugsrechts.

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