Ein Gastbeitrag von Thomas Becher

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Es ist bekannt, dass Versicherungsbeiträge ein großer Bilanzposten für Flottenbetreiber sind. Die gute Neuigkeit: Indem Versicherungsanbieter Zugriff auf Telematikdaten erhalten, könnten Unternehmen in der gesamten Flotte mehr Kontrolle über diese Kosten bekommen – vom Pkw bis hin zum Lkw.

Nutzungsbasierte Versicherungen (usage-based insurance, UBI) sind sowohl für den Connected Car- als auch Telematik-Markt ein neues und wachsendes Interessensfeld. Indem beide Technologien kombiniert werden und Versicherern Zugriff auf einige der so erhobenen Daten gewährt wird, können diese individuellere Risikoprofile berechnen und damit attraktivere Prämien anbieten. Für den einzelnen Versicherungsnehmer ist das ein starkes Kaufargument. Für Flottenbetreiber könnte es sogar große Einsparungen bedeuten.

Thomas Becher ist VP Business Development bei TomTom Telematics

Während Versicherungsmakler bereits Risikoprofile im Endkonsumentenmarkt verwenden, um maßgeschneiderte (günstigere) Policen für Autofahrer anzubieten, sind diese Daten nach wie vor von eher allgemeiner Natur. Die Verfügbarkeit von erweiterten Fahrdaten – zum Beispiel wo, wann und wie das Fahrzeug betrieben wurde – ermöglicht es, die Angebote individueller zu gestalten. Das bedeutet, dass der Versicherungsnehmer ausgehend von seinem Fahrstil bezahlt – nicht basierend auf Durchschnittswerten für sein jeweiliges Profil.

Bei Flottenversicherungen werden Policen normalerweise anhand der Schadenshistorie der gesamten Flotte berechnet. Das heißt, dass Telematiktechnologie nicht nur dafür verwendet werden kann, Fahrverhalten zu messen, um individuelle Versicherungsbeiträge zu berechnen. Sie kann Berufsfahrern auch dabei helfen, den Fahrstil zu verbessern und Flottenmanagern dabei, das Risiko der gesamten Flotte besser zu verstehen. Letztere können individuellen Fahrern zum Beispiel auf Basis der erhobenen Daten ein Training zur Verbesserung des Fahrstils anbieten und so das Risiko und die Schadenquote ihrer Flotte senken. Und das führt letztlich zu niedrigeren Versicherungskosten.

Der Nutzen für beide Seiten endet aber an dieser Stelle noch nicht. Es gibt auch eine starke Gesundheits- und Sicherheitskomponente. Wenn ein Fahrer einen Unfall hat, kann der Versicherer schnell die Unfalldaten erhalten – unter anderem Zeit und Ort, Fahrzeugtyp und sogar Kraftstoffart. Das hilft nicht nur dabei, die Schadensabwicklung zu beschleunigen, sondern auch, dass Einsatzkräfte schneller und effizienter bei Vorfällen reagieren können.

Wo stehen wir aktuell?

In einigen Märkten sind nutzungsbasierte Versicherungen bereits gut etabliert. Im Vereinigten Königreich (UK) zum Beispiel verwenden verschiedene Unternehmen UBI, um jungen Fahrern dabei zu helfen, ihre hohen Versicherungspolicen zu senken. Währenddessen gibt es in Italien bereits seit einigen Jahren UBI- und Pay-as-You-Drive-Tarife. In diesem speziellen Fall gibt es historische Gründe dafür: Fahrzeugdiebstahl war in der Vergangenheit ein großes Problem. Telematik-Boxen in den Autos ermöglichen es, diese einfacher zu verfolgen und zurück zu erlangen.

Obwohl einige Pilotprojekte in anderen Regionen laufen, ist UBI nach wie vor weit davon entfernt, in Europa ein Massenmarkt zu sein. Auch in den nächsten zwei bis drei Jahren ist dies nicht zu erwarten. Es gibt jedoch großes Interesse daran, den Markt schnell zu erschließen, da die Folgen für Unternehmen – auf beiden Seiten des Versicherungsverhältnisses – beträchtlich ausfallen könnten.

Was die Zukunft bringt

Die Infrastruktur, die ein breites UBI-Angebot ermöglicht, ist noch nicht komplett vorhanden. Daher besteht eine der Herausforderungen für eine umfassende Einführung darin, das Geschäftsmodell so attraktiv wie möglich zu gestalten. Aktuell zahlen die Versicherer für die Installation der Telematik-Boxen und die Datenübertragung. Das macht den Prozess teuer. Es sei denn, deutliche Einsparungen sind möglich – so wie im Beispiel der jungen Fahrer im Vereinigten Königreich.

An dieser Stelle kann das Wachstum des Connected Car-Marktes große Folgen haben. Mit zunehmender Anzahl an Autos, die bereits mit Telematik-Boxen und somit vernetzt ausgeliefert werden, blicken wir auf eine Situation in der es vielfältige Möglichkeiten gibt, diese Daten zu verwenden. Nutzer könnten die Übertragung der Daten an ihre Versicherung dann einfach aktivieren.

Es gibt auch einen Lernprozess, den die Branche durchlaufen muss. Dabei geht es darum, das Bewusstsein für Fahrzeugdaten zu schärfen – ausgehend davon, welche Daten erhoben werden können und der Frage, wie sich diese zum Vorteil von Fahrern und Unternehmen nutzen lassen. Auch hier wird wiederum das Connected Car entscheidend sein. Es wird jedoch noch eine ganze Weile dauern, bis alle Fahrzeuge vernetzt sind. Sobald der Markt aber erkennt, welche Vorteile durch das Teilen dieser Daten entstehen können, wird ein gewisser Druck entstehen, diese Services in allen Fahrzeugen verfügbar zu machen.

Händler können Fahrzeuge heute bereits mit entsprechenden Zubehörteilen ausstatten. Die Frage der Finanzierung ist jedoch nicht geklärt. So erhobene Daten zu teilen, könnte eine Möglichkeit sein, auch den Rest des Marktes online zu bringen. Denkbar ist, dass Händler bereit wären, die Kosten für die Installation der Boxen zu übernehmen, wenn sie die Daten aus den Fahrzeugen ihrer Kunden erhalten. Das könnte wiederum die Kosten für Versicherer senken.

Der Schlüssel liegt im Teilen von Daten

Warum aber sollten Händler das tun? Sie können – soweit vom Fahrzeugeigentümer autorisiert – Zugriff auf Motorstatus und Wartungsinformationen erhalten. Wenn Werkstätten und Service-Center im Vorfeld über potenzielle Probleme mit Fahrzeugen informiert sind, können Sie bessere Wartung anbieten. Wenn sie mithilfe von Daten potenzielle Probleme vorhersehen, können sie ihren Kunden besser im passenden Moment den richtigen Service anbieten.

UBI hat das Potenzial, den Versicherungsmarkt zu revolutionieren. Wir befinden uns aber immer noch in einem frühen Stadium dieser Technologie. Erst muss das Modell klarer werden und die Versicherer dafür gerüstet sein, mit den Daten umzugehen. Dann dürfte es für Unternehmen, die bereits Telematik-Einheiten in ihren Flotten installiert haben, ein Einfaches sein, die Daten auszuwählen, die sie mit ihrer Versicherung teilen möchten.

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Durch die zunehmende Konnektivität von Fahrzeugen und das Wissen, wie so gewonnene Daten ausgewählt und geteilt werden können, werden neue Geschäftsmodelle entstehen und große Vergünstigungen auf Kunden zukommen. Es zeichnet sich bereits jetzt ab, dass das Versicherungswesen zu den Bereichen gehören wird, die davon besonders profitieren.

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