Huh! for Iceland. Mit dieser lauten Gebärde drohten die Fans der zwischenzeitlich mit Stolz ausgeschiedenen isländischen Fußballer bei der Euro 2016 ihren Gegnern auf dem grünen Rasen. Mit solch einem Huh!, aber von Bankenseite, dürfen sich auch Häuslebauer von ihrem Kreditgeber eingeschüchtert fühlen. Sobald sie ihren Baukredit demnächst verlängern wollen. Seit 11. März pfeift der Gesetzgeber das Spiel ums Baugeld nach anderen Regeln. Seitdem gilt ein neues Gesetz für die Vergabe von Baukrediten.

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Das Objekt? Interessiert nicht mehr

Geld dürfen die Banken nach den neuen Regeln nur noch an Häuslebauer geben, wenn die Geldhäuser ihrerseits nachweisen können, dass der Schuldner ausreichend solvent ist. Im anderen Falle, der Kreditvergabe an Mittellose oder nicht ausreichend finanzierte Schuldner, verwirkt die Bank ihren Anspruch auf Restschulden und geht leer aus, wenn klamme Kunden ihr nach Pfändung der Immobilie Außenstände hinterlassen. Diese sind dann keine mehr. Das Haus des insolventen Kunden wäre dann zwar weg, aber dieser wäre nach neuem Recht (rest-)schuldenfrei! Der Ex-Kunde kann ablösefrei in ein schuldenfreies Leben gehen.

Die Älteren werden sich erinnern. Bis vor gut zehn Jahren oder mehr sicherten sich Banken bei der Hergabe von Baugeld auch durch Bürgschaften mittel-, weil einkommensloser Eheleute ihre Hypothekenschuldner ab. Solche Klammergriffe in das leere Portemonnaie etwa einer Hausfrau und Mutter, urteilten zwischenzeitlich die Gerichte, sind unzulässig. Nun haben die Banken dieses Prinzip, nur solvente Schuldner in die Pflicht zu nehmen, in Gesetzesform erhalten. Nun wird der erfahrene Geldmensch einwenden, die Banken hätten doch werthaltige Objekte als Sicherheit für den Kredit. Ja. Nein, das dürfen die Banken nach dem neuen Gesetz nicht mehr berücksichtigen.

Gelbe Karten werden nicht gestrichen

Konkret: Wollen Bauherren eine Immobilie künftig bis über ihren Rentenbeginn hinaus finanzieren, dann müssen die Banken die künftige Höhe der Rente ihren Schuldners in spe anschauen. Dies kann der Kreditkunde noch vermeiden, indem er sein Häuschen früher abbezahlt, also höhere Raten an die Bank abführt. Jüngeren Häuslebauern könnte dabei aber die Biologie einen Strich durch die Rechnung machen. Frauen im gebärfähigen Alter könnten schwanger werden und deren Bonität wegen zu erwartender Lohneinbußen leiden.

Bei Eheleuten müsste die Bank demnach das Einkommen „mittelalter“ Frauen regelrecht ausblenden und einen neuen Kredit nur auf Basis des Einkommens des Ehegatten prüfen, wenn vorhanden. All diese Neuigkeiten gelten nicht nur für neue Kredite, sondern auch, wenn für bestehende Bauschulden in die Verlängerung gehen sollen, die Prolongation. Dann müssen die Banken Altkunden wie einen neuen Schuldner behandeln und schauen ihm ins Portemonnaie. Und wehe, der Kunde hat weniger Bonität. Dann ist er nicht nur gelb vorbelastet, sondern ihm droht die rote Karte. Kreditverweis. Auch in den Fällen, wo der Schuldner bei seiner Bank seit Jahren brav gezinst und getilgt hat.

Bei Scheidung oder Zeitvertrag droht die rote Karte

Ein Drittel aller deutschen Ehen werden geschieden, im Schnitt nach 12,5 Jahren. Sodass die Wahrscheinlichkeit, dass Trennung der Eheleute und Kredit-Verlängerung zeitlich zusammenfallen, nicht ganz gering ist. Zusammenfallen kann dann auch der neue Kredit für das inzwischen zehn Jahre alt Haus. Und zwar ganz. Fällt das Einkommen des abgängigen Teils der Eheleute weg, steigt umgekehrt die monatliche Last des Anderen, etwa wegen Kindesunterhalts, dann stehen dieser Schuldner oder die Schuldnerin vor der Bank dumm da. Wegen schlechterer Bonität ein- und desselben Kunden darf die Bank das Darlehen nicht verlängern.

Ebenfalls recht dumm steht da, wer lediglich einen Zeitvertrag mit seinem Chef hat. Dieses Problem haben sogar Zeitsoldaten, die sich auf zehn Jahre verpflichten, und die jetzt von der Bank Baugeld haben wollen. Wie die Banken früher und heute mit dem Taschenrechner zwischen „guten“ und „schlechten“ Schuldnern unterschieden, das hat Siegfried Perini, Baufinanz-Profi aus Neuhof bei Fulda, für den Versicherungsboten beispielhaft aufgezeichnet.

„Verrückt hohe Pauschalen“

Experte Perini schildert die Situation eines echten Baukunden, der seit Jahr und Tag jeden Monat 900 Euro für seine Hypothek bezahlt hat. Zehn Jahres später, jetzt, will der Schuldner den Baukredit prolongieren. Bank Nummer eins sagt, sagt Perini, der Schuldner sei nur für 700 Euro Leistungsrate gut, die bisherigen 900 Euro seien zu hoch. Bank Nummer zwei akzeptiere gar nur 500 Euro Rate; höher dürfe die monatliche Last des Kunden aus Gründen der neuen Bonitätsregeln nicht sein. Für den Bedarf des täglichen Lebens setzten die Banken inzwischen laut Siegfried Perini „verrückt hohe Pauschalen“ an.

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Folgt man Experte Perini, dann braucht es immer mehr und öfter den Baufinanzierungsprofi, der den Banken die Situation des Kunden und dessen Zahlen aufbereitet. Und dieser Aufwand steige, wegen zunehmender Mengen an Papier. Will oder muss ein Kunden heute bis in die Zeit seiner Altersrente hinein finanzieren, dann kann schon eine falsche Renteninformation das Aus bedeuten – manchmal nur, weil der Kunde es bisher versäumte, Lücken in seinem Rentenkonto mit der Deutschen Rentenversicherung zu „klären“, wie es so unschön im Amtsdeutsch heißt. Neu-Häuslebauer mag dies unendlich ärgern, weil sie vielleicht nicht bauen können. Alt-Schuldnern können die neuen Kreditregeln das Genick brechen, weil ihr Darlehen nicht in die Verlängerung geht. Huh!

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