Versicherungsbote: Die Tiefs Elvira und Friederike richteten einen Millionenschaden in Deutschland an, neun Menschen verloren ihr Leben. Auch Leinatal in Thüringen war vom Hochwasser betroffen. Sie haben selbst mit zugepackt, als das Hochwasser Keller und Wohnungen zu überfluten drohte. Können Sie uns schildern, wie die Situation vor Ort war?

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Marlene Drescher: Es begann ganz normal mit Regen, der aber immer schlimmer wurde. Als ich aus dem Fenster schaute, traute ich meinen Augen nicht. Die gesamte Straße stand bereits unter Wasser und verwandelte sich in einen Fluss. Ich sah gleich, wie die Wassermassen vom Grundstück unserer Nachbarn kamen, und ging sofort nach draußen. Dort erkannte ich und auch alle anderen Nachbarn um uns herum schnell, dass Hilfe notwendig war, da das Wasser schon durch den Innenhof über die Kellerfenster in den Keller lief. Schnell packten alle verfügbaren Helfer mit an und versuchten die Wassermaßen durch Eimer, Besen, gefüllte Blumenerdesäcke und alles andere, was zur Hand war, zu dämmen, wegzuschöpfen und aufzuhalten.

...Und wie konnten Sie Schlimmeres verhindern?

Wie schon erwähnt, war die gesamte Nachbarschaft im Einsatz. Es war wohl Glück, dass das Unwetter am Nachmittag einsetzte, so waren schon viele zu Hause und die Hausbesitzer selber auch. Durch diese schnelle und umfangreiche Hilfe und der Tatsache, dass alle instinktiv das Richtige getan haben, konnten wir die Wassermaßen von den Kellerfenstern weglenken und so Schlimmeres verhindern. Wäre keiner zum Zeitpunkt zu Hause gewesen, wäre der Keller wohl deutlich schlimmer überschwemmt worden.

...welche Schäden gab es? Erhielten die Betroffenen vor Ort schnell (finanzielle) Unterstützung?

Aktuell gibt es Schäden an den Außenanlagen, an Fußböden und Wänden im Keller, an den Außenwänden vom Haus. Auch einige Hausratgegenstände haben Schaden genommen, aber das hält sich in Grenzen. Da die Betroffenen entsprechend versichert sind, reicht es hier aus eine vollumfängliche Versicherung zu haben, die den Schaden übernehmen wird.

Laut GDV sind nur 38 Prozent aller deutschen Häuser mit einer Elementarschadenversicherung gegen Naturgefahren abgesichert. Wie ist die Situation bei Ihnen in der Region?

So aus dem Bauch heraus würde ich behaupten, in meiner Region hier liegt die Prozentzahl höher. Zumindest was meinen Kundenstamm angeht. Das Thema Elementarschäden ist bei meinen Kunden in aller Munde und wird kritisch hinterfragt und meist auch abgesichert.

Sind Ihre Kunden bereit entsprechend vorzusorgen, wenn sie um die Gefahren wissen? Wenn nein: was sind Gründe, weshalb sie es nicht tun bzw. die einen Abschluss erschweren?

Ein Großteil ist natürlich bereit sich hier abzusichern. Der kleine Teil, der dies nicht wünscht, verzichtet auf den Schutz, weil dieser nicht für notwendig gehalten wird.

Der Branchenverband GDV behauptet, 99 Prozent aller Häuser in Deutschland seien problemlos gegen Hochwasser-Risiken versicherbar. Viele Vermittler berichten uns, dass sie sich vergeblich um Schutz für einige Kunden bemühen. Hand aufs Herz – Wie ist die Situation bei Ihnen vor Ort? Finden alle Hausbesitzer eine Police gegen Hochwasserrisiken?

Hier in der Gegend haben wir das Thema Hochwasser bisher nicht so sehr auf dem Schirm. Insofern kann ich als Versicherungsmaklerin für den Großteil meiner Kunden problemlos das Elementarschadenpaket hinzubuchen, wir haben hier überwiegend ZÜRS ZONE 1.

Wie stehen Sie der Idee einer Elementarschaden-Pflichtversicherung für Hausbesitzer gegenüber? Schließlich könnte damit das Hochwasser-Risiko auf viele Schultern verteilt werden. Aber die Branche wehrt sich energisch dagegen. Warum?

Ich persönlich finde diese Idee gar nicht mal so schlecht. Aufgrund der Verteilung des Risikos könnten somit auch die Hausbesitzer wieder gegen Elementarschäden absichern, welche in den letzten Jahren nicht versicherbar waren oder nicht mehr versicherbar sind. Aber wie immer gibt es auch eine Kehrseite der Medaille, dass heisst Verbraucher, die sich hier benachteiligt fühlen würden. Hier kommt es am Ende auf die Art der Umsetzung und die Verteilung der Beiträge an.

Starkregen nimmt in den letzten Jahren zu. Das bedeutet, nicht nur Häuser an Gewässern sind von Überschwemmungen bedroht, sondern ein Hochwasser kann theoretisch überall auftreten. Wie kann/ muss die Branche auf diese neue Situation reagieren?

Nun, die Unwetter an sich sind ja in den letzten Jahren gefühlt enorm gestiegen. Die Versicherer werden hier ganz klar weiterhin mit Beitragsanpassungen reagieren. Das ist zwar für den Kunden erst mal unangenehm, seitens der Versicherer aber dringend notwendig, um die Sparte Gebäudeversicherung nicht zu sehr in die roten Zahlen rutschen zu lassen.

Rechnen Sie damit, dass es in Ihrer Region zukünftig für Hausbesitzer schwerer wird, eine entsprechende Elementarversicherung abzuschließen? Wurden Sie vielleicht sogar schon mit Kündigungen konfrontiert?

Nein, damit rechne ich vorerst nicht, da wir, wie schon erwähnt, hier überwiegend in ZÜRS Zone 1 tätig sind und somit eher seltener mit diesem Problem konfrontiert werden. Für alle anderen wird es natürlich nach diesem Frühling nicht einfacher.

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Marlene Drescher aus dem Thüringischen Leinatal / OT Altenbergen ist Bankkauffrau und Diplom-Ökonomin (BI). Seit 14 Jahren ist sie als Versicherungsmaklerin aktiv.

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