So weist auch das OLG Karlsruhe auf die zwingenden Vorschriften des § 203 VVG hin. § 203 (1): "Bei einer Krankenversicherung, bei der die Prämie nach Art der Lebensversicherung berechnet wird, kann der Versicherer nur die entsprechend den technischen Berechnungsgrundlagen nach den §§ 146, 149, 150 in Verbindung mit § 160 des Versicherungsaufsichtsgesetzes zu berechnende Prämie verlangen."

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Wenn der VN also bestreitet, dass die Prämie nach diesen Rechtsvorschriften korrekt berechnet ist, und seine Prämienzahlung verweigert oder reduziert, muss der VR dafür den Vollbeweis antreten, wenn er die Prämie einklagen will. Ebenso, wenn deshalb die Wirksamkeit einer Mahnung oder Kündigung wegen Zahlungsverzug bestritten wird. Dies ist für ihn nicht sehr schwierig, denn dazu muss er letztlich nur seine gut dokumentierten umfangreichen Berechnungsgrundlagen darlegen und vorlegen und Beweis durch versicherungsmathematisches Sachverständigengutachten anbieten. Im Gegensatz zur womöglich wirksamen Billigung eines ausdrücklich genannten Risikozuschlags stellt die fortgesetzte Zahlung der Prämie im vermeintlichen Irrgauben, sie sei gem. § 203 VVG korrekt, keine Billigung dar, die bereits zur Weiterzahlung der Prämie verpflichtet.

Eine Billigung eines unangemessen zu hohen Risikozuschlags, die irrtümlich in der Vermutung erfolgte, dass der VR zur Erhebung berechtigt war, ist indes wohl ebenfalls anfechtbar.

Versicherer können vielfach Ihre Tarife nicht belegen?

Muß ein VR die Kalkulation seiner Tarife gem. § 203 (1) VVG nachweisen, hat er dafür am Ende lediglich bis zu mehr als 25 kg an Akten bei Gericht vorzulegen, zur Begutachtung. 8 bis 13 kg sind in einfacheren Fällen bereits üblich, wenn es nur um den Umfang der letzten drei Beitragsanpassungen geht, unter der Voraussetzung, dass der Beitrag zumindest für die Zeit vorher als korrekt unterstellt wird. Man darf das Vertrauen haben, dass VR diesen Nachweis regelmäßig am Ende auch gerichtlich erbringen können. Die Meinung mancher VN, sie seien quasi schutzlos den Prämienerhöhungen der PKV ausgesetzt, entbehrt also jeder Grundlage. Das Gegenteil ist richtig – die Prämienberechnung der PKV unterliegt ganz strengen gesetzlichen Vorschriften, deren Einhaltung die PKV im Bestreitensfall auch gerichtlich in vollem Umfang zu beweisen hat.

Schwieriges und haftungsträchtiges Geschäft bei PKV-Tarifoptimierung

Tarifwechsel-Makler müssten, wie jeder Versicherer nach §§ 6, 204 VVG jedweden Tarif berücksichtigen, der jemals aufgelegt wurde, mit gegenwärtig nicht weniger als einem VN in diesem potentiellen Zieltarif. Den Kunden wird dies normalerweise als Tarifwechselvergleich erspart, um nicht zu verwirren – was faktisch zur Haftung führt.

Der Tarifwechseloptimierer hat es nicht nur mit Kranken, sondern auch mit Gesunden zu tun, wenn diese die vom VR verlangte Beantwortung der Risikofragen verweigern und der Tarifwechsel daher nicht zustande kommt. Oder aber auch der Gesunde auf die Mehrleistungen verzichten muss. Schadensersatzklagen sind hier gleichsam vorprogrammiert, sofern ein PKV-Sachverständiger die Haare in der Suppe fundiert untermauert erst aufgefunden hat.

Unangemessene Risikozuschläge als Einfallstor

Der BGH postuliert, dass die Höhe dieses Risikozuschlags als angemessen gerichtlich überprüfbar ist. Ferner, dass wenn der VR alternativ einen Ausschluss der Mehrleistungen verlangt, er dies stets kann und kein erhöhtes Risiko dafür vorliegen muss. Zudem kann eine Wartezeit verlangt werden.

In Rechtsstreiten steht vermehrt auch der Risikozuschlag für die Mehrleistungen nach § 204 VVG häufiger als vermeintlich unangemessen im Feuer, was gerichtlich durch Sachverständigen-Gutachten überprüfbar ist. Hingegen kann der Leistungsausschluss einfach so vom Versicherer verlangt werden, auch mit der Bindung an die Tarifwechsel-Leitlinien des PKV-Verbandes, zum Schutz des Tarifkollektives. Damit hat der VR dann anschließend die Möglichkeit, den Einschluss dieser Mehrleistungen gegen einen freiwillig vereinbarten Risikozuschlag anzubieten, ohne auf die Regelungen des § 204 VVG dann noch Rücksicht nehmen zu müssen.

Nicht jeder Versicherer legt es auf eine letztinstanzliche Entscheidung an – etwa des Jüngsten Gerichts. Bereits die Veröffentlichung solcher Entscheidungen könnte einen unnötigen Imageschaden bedeuten. Gleichwohl wird der VR prüfen, ob der VN eine Kriegskasse besitzt und es ernst meint, oder mit seinem Anliegen als durchschnittlicher Querulant am Ende nur verhungert. Der Schutz der Versicherungskollektive vor schädlichen Tarifwechseln ist es wert, als VR eine falsch verstandene „Kundenfreundlichkeit“ im Einzelfall abzuwehren. Die geeignete Kommunikation sollte erreichen, dass der Kunde versteht, warum dies letztlich kollektiv zu seinem Besten ist. Die Versicherer und deren Aktuare sind hier die besten Verbraucherschützer, indem sie die Versicherten insgesamt nach bester Möglichkeit gegen selbstsüchtige einzelne Versicherte schützen.

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(*) Dr. Johannes Fiala, RA (München), VB, MBA Finanzdienstleistungen (Univ.), MM (Univ.), Geprüfter Finanz- und Anlageberater (A.F.A.), Bankkaufmann (www.fiala.de)
(**) Dipl.-Math. Peter A. Schramm, Sachverständiger für Versicherungsmathematik, Aktuar DAV, öffentlich bestellt und vereidigt von der IHK Frankfurt am Main für Versicherungsmathematik in der privaten Krankenversicherung (www.pkv-gutachter.de)

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