Im konkreten Rechtsstreit wurde der Bonner Spezialmakler Versteegen verklagt, spezialisiert unter anderem auf die Absicherung von Textilreinigungsunternehmen. Der Makler hatte 2011 im Auftrag der Zurich den Schaden eines Mannes reguliert, dessen teueres Hemd von einem Berliner Wäschereiniger beschädigt wurde. 59,50 Euro sollte die Textilreinigung für den Ausgleich des Schadens erhalten – doch nach Einschätzung des geschädigten Kunden war das Hemd sehr viel mehr wert. Eine höhere Bezahlung lehnte der Makler jedoch schriftlich ab.

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Nach Ansicht der Rechtskammer Köln hatte der Makler mit seinem Ablehnungsschreiben gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz verstoßen. Die Schadenregulierung sollte ihm unter Androhung eines Ordnungsgeldes verboten werden. Nachdem der Streit zwei Instanzen durchlaufen hatte, gab der Bundesgerichtshof (BGH) schließlich der Rechtskammer recht und untersagte dem Makler, selbst regulierend tätig zu werden. Schadenregulierung „gehört im Regelfall nicht als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild des Versicherungsmaklers“, heißt es.

Interessenkonflikt auf Seiten des Maklers: Steht er auf Seite der Versicherung oder des Kunden?

Die Begründung: Nach Ansicht der Richter liegt ein deutlicher Interessenkonflikt auf Seiten des Maklers vor. Denn der Makler soll als Sachverwalter seines Kunden agieren und auch in dessem Interesse handeln, also in diesem Fall ganz im Interesse der Wäscherei. Reguliert der Makler aber im Auftrag der Versicherung den Schaden, müsste ihm an der Auszahlung einer möglichst niedrigen Schadenssumme gelegen sein, was dem Interesse des betreuten Kunden sehr wahrscheinlich zuwider läuft.

In der Urteilsbegründung heißt es: „Der Versicherer ist regelmäßig daran interessiert, den von ihm zu zahlenden Betrag für die Schadensregulierung so niedrig wie möglich zu halten. Zwar kann das auch im Interesse des Versicherungsnehmers liegen, doch muss dies keineswegs der Fall sein.“

Das heißt aber selbstverständlich nicht, dass dem Makler jedwede Unterstützung nach einem Schadensfall untersagt ist. Ausdrücklich erlaubt ist einem Makler laut BGH, dass er "im Schadensfall den Versicherungsnehmer sachkundig berät, für sachgerechte Schadensanzeigen sorgt und bei der Schadensregulierung die Interessen des Versicherungsnehmers wahrnimmt".

VDVM argumentiert mit geringer Schadenhöhe

Der Verband Deutscher Versicherungsmakler (VDVM) ist mit dem Urteil nicht einverstanden. Es handle sich um Kleinschäden, nicht um Millionenforderungen, argumentiert der Verband. „Hier lässt der BGH die Verhältnismäßigkeit vermissen“, sagte VDVM-Vorstand Hans-Georg Jenssen dem Branchendienst Versicherungsmonitor. Außerdem könnte der Kunde -der Textilreiniger- auch selbst den Schaden des Verbrauchers zahlen und sich dann mit dem Versicherer auseinandersetzen. Und wie bewertet der Verband, dass schadenregulierende Makler einen Fehlanreiz haben, nicht im Sinne ihrer Kunden zu handeln?

Maklerverband prüft Verfassungsbeschwerde

Nach Einschätzung von Hans-Georg Jenssen sei auch im EU-Recht festgelegt, dass Vermittler als Schadenregulierer auftreten dürfen. Bei möglichem Interessekonflikt müsse er organisatorisch für Abhilfe sorgen und transparent sein, aber nicht die eine Seite seiner Tätigkeit aufgeben. „Außerdem ist es in Österreich, Frankreich und Großbritannien ausdrücklich erlaubt, Schäden zu regulieren“, wird Jenssen von Versicherungsmonitor zitiert.

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Der BGH argumentiert selbst, dass es sich im Streit mit dem Textilreiniger um einen sehr speziellen Fall handle. „Nicht von vorn herein ausgeschlossen erscheine, „dass sich in bestimmten Branchen das Tätigkeitsbild des Versicherungsmaklers dahingehend gewandelt hat oder künftig wandeln könnte, dass es eine schadenregulierende Tätigkeit des Maklers erfasst“. Der VDVM will nun eine Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil prüfen.

BGH / Versicherungsmonitor

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