Irrtum Nummer eins ist, man sei nur gefährdet, wenn der Blick aus dem Fenster einen großen Fluss zeige. Jedoch waren es bei der großen Flut im Jahr 2013 zu 85 Prozent Haushalte jenseits der großen Ströme, denen das Wasser ins Wohnzimmer floss. Tagelange Regenfälle in Ost- und Süddeutschland hatten vor zwei Jahren dazu geführt, dass ganze Innenstädte überschwemmt und viele Häuser beschädigt oder gar zerstört wurden.

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So waren es zur Hälfte die Gebiete, die statistisch gerechnet nur einmal alle 200 Jahre überflutet würden, denen 2013 das Wasser bis zum Hals stand oder gar darüber. Neunzig Prozent der Deutschen denken trotzdem noch: „Hochwasser? Nicht in meinem Haus.“ Wer wissen will, wie hoch die Gefahr tatsächlich ist, der kann den Hochwasserpass zur Hilfe nehmen, einer Initiative des Vereins Hochwasser-Kompetenz-Zentrum e.V. Der Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Bundesbürger über Hochwassergefahren aufzuklären,

Elementarschadenversicherung ist nicht gleich Wohngebäudeversicherung

Zweiter häufiger Irrtum ist, man sei gegen Hochwasser im Rahmen einer Wohngebäudeversicherung mitversichert. Doch eine vorhandene Wohngebäudeversicherung deckt selten auch Schäden aus Hochwasserereignissen oder Überschwemmungen ab. Hier gilt ein Versicherungsschutz nur, wenn auch die Elementarschadenversicherung mit eingekauft wurde. Diese lässt sich als Zusatzbaustein zu einer Wohngebäude-Police oder als eigenständige Versicherung abschließen.

In der BRD sind derzeit nur 40 Prozent der Haushalte gegen Schäden durch ein Hochwasser versichert, das ist keine sehr hohe Quote, sagt der GDV. Über die Wohngebäudeversicherung aber genießen rund 90 Prozent aller Gebäude finanziellen Schutz vor Sturm- und Hagelschäden. Wer einen älteren Wohngebäudevertrag besitzt, sollte deshalb nachlesen, ob Elementarschäden mit eingeschlossen sind und ob der Schutz geupgradet werden muss. Wer unsicher ist, sollte bei seinem Versicherer oder Vermittler nachfragen.

Heute bekommt fast jeder einen Elementarschutz?

Dritter Irrtum sei, so behauptet der GDV, dass sich manche Häuser nicht oder schwer gegen Hochwasserschäden versichern ließen. So glauben fast Dreiviertel der Deutschen dieser Fehleinschätzung, wie forsa 2014 in einer Umfrage zeigen konnte. Die Wahrheit aber sei, dass es kaum ein Haus gebe, welches nicht versicherbar wäre. In 99 Prozent der Fälle sei eine Versicherung völlig problemlos realisierbar, argumentiert der Versicherer-Dachverband.

Das gelte auch für Häuser, für die man sich in der Vergangenheit erfolglos um einen Schutz bemüht hätte. Durch eine bessere Risikoanalyse, umfangreicheren Hochwasserschutz oder aufgrund baulicher Präventionsmaßnahmen seien solche Versicherungen heute auch für heikle Fälle möglich.

Doch sind in Deutschland wirklich 99 Prozent aller Gebäude versicherbar? An dieser Zahl haben nicht nur Versicherungsmakler Zweifel, die gegenüber Versicherungsbote von erfolglosen Anträgen für ihre Mandanten berichteten oder entsprechend bei Facebook kommentierten. Auch Axel Kleinlein, Vorstandssprecher beim Bund der Versicherten, hält die Zahl für ein „Ammenmärchen“. Er warnt davor, dass Bürger mit dem existentiellen Risiko von Unwetterschäden allein gelassen werden.

Auch eine Stichprobe der Verbraucherzentrale Sachsen aus dem Jahr 2013 verstärkt den Verdacht, dass viele Hausbesitzern ein Schutz verwehrt bleibt. Die Verbraucherorganisation versuchte, Häuser in sächsischen Überschwemmungsgebieten zu versichern, und schickte Anfragen an 49 Versicherer. Für viele Adressen in der Überschwemmungszone Zürs 4 sei es unmöglich gewesen, eine Police zu finden, berichten die Tester. Trotz der Beteuerungen des Versicherungs-Dachverbandes. Auf jeden Fall sollten Kunden sich informieren, ob sie eine Elementarschadenversicherung für ihr Gebäude absichern können.

Hausbesitzer sind dem Überschwemmungsrisiko nicht machtlos ausgeliefert

Vierter Irrtum ist, man sei im Falle eines Hochwassers ohnehin hilflos und ohnmächtig. Dabei gäbe es Maßnahmen, die Hausbesitzer nutzen könnten, um dem Naturereignis entgegen zu treten. Der GDV formuliert deshalb die Devise: Ausweichen, Abwehren oder Nachgeben. Ferner gibt der GDV folgende Tipps an die Hand,

wenn die Flut kommt:

  • 1. Dem Wasser ausweichen, etwa indem das Haus auf Pfähle gebaut oder erst gar nicht in einem Überschwemmungsgebiet errichtet wird.
  • 2. Das Wasser durch bauliche Maßnahmen abwehren, zum Beispiel durch wasserdichte Fenster, Türen und Wände sowie durch eine Rückstausicherung.
  • 3. Dem Wasser nachgeben, wenn der Druck auf das Haus zu groß wird. In diesem äußerst seltenen Fall müsste der Keller geflutet werden.

Kein Bemühen um Elementarschadenversicherung - keine staatliche Hilfe bei Überschwemmungen

Der fünfte Irrtum betrifft die Hoffnung auf den Staat. Im Ernstfall stehen die Betroffenen dann aber meistens ohne Hilfe „von oben“ da und schauen, noch den nassen Sandsack im Arm, hoffnungslos in die Kameras der Nachrichtensender.

Zwar hat die Bundesregierung zur Behebung der Schäden 2002 und 2013 nicht gerade kleinliche Summen geleistet – aber Wahlkampf ist Wahlkampf. In beiden Jahren kam die Flut kurz vor der Bundestagswahl, da werden Prioritäten schon mal anders gesetzt. Das Problem sei, dass viele Bundesbürger nun glauben, darauf könne man sich jetzt immer verlassen, argumentiert der GDV, das ergaben Umfragen im Jahr 2014. Sollte die nächste Flut aber einen anderen Turnus (als den der Wahlen) wählen, könnten die Hoffnungen jäh enttäuscht werden.

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Der Grund: die meisten Landesregierungen haben ihre Zusage zur Leistung staatlicher Zahlungen an das Bemühen der Bürger um Versicherungsschutz geknüpft. Nur wer nachweisen kann, dass er sich um eine Elementarschadenversicherung bemüht hat und abgewiesen wurde, der kann zukünftig auf staatliche Hilfen hoffen. Ansonsten springt eben die Elementarschadenversicherung ein. Diese Neuregelung haben die Justizminister der Bundesländer auf ihrer Frühjahrskonferenz im Jahr 2015 beschlossen (Versicherungsbote berichtete).

gdv.de

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