Wer im kommenden Jahr eine klassische Lebensversicherung abschließen will, muss sich auf einen weiteren Rückgang der garantierten Verzinsung einstellen. Wie das Handelsblatt mit Bezug auf eine dpa-Meldung berichtet, soll der Garantiezins zum 1. Januar 2017 auf 0,9 Prozent sinken. Einen entsprechenden Vorschlag habe das Bundesfinanzministerium unterbreitet, hieß es am Montag. Aktuell beträgt der Garantiezins noch 1,25 Prozent.

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Reaktion auf Niedrigzins-Umfeld

Die Herabsenkung ist eine Reaktion auf den Niedrigzins an den Kapitalmärkten. Das Bundesfinanzministerium setzt den Garantiezins jeweils nach Empfehlungen der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) und der Finanzaufsichtsbehörde BaFin fest. Mehr dürfen die Versicherungen ihren Kunden nicht versprechen.

Grundlage für die Berechnung des Garantiezinses sind die Durchschnittswerte der Renditen von europäischen Staatsanleihen mit höchster Kreditwürdigkeit. Die Lebensversicherer sind gesetzlich verpflichtet, bei klassischen Policen ein Großteil der Kundengelder in diese Papiere zu investieren. Rund 86 Prozent der Gelder von Lebensversicherern stecken in Rentenpapieren wie Staatsanleihen, berichtet das Handelsblatt.

Doch je weniger die Anleihen abwerfen, desto schwerer fällt es den Versicherern, langfristige Zusagen an ihre Kunden zu erfüllen. Deshalb befürwortet auch BaFin-Chef Felix Hufeld eine Absenkung. „Es versteht sich von selbst, dass 1,25 Prozent Zinsen auf Dauer nicht zu halten sind, wenn die Zinsen so niedrig bleiben, wie sie aktuell sind“, sagte Hufeld im April dem Handelsblatt. „Ich persönlich hätte Sympathie für einen deutlicheren Schritt“. Die Versicherungen würden unter einem enorm hohen Druck leiden.

Versicherer ziehen sich aus der klassischen Lebensversicherung zurück

Tatsächlich haben die Lebensversicherer Probleme, neue Anlagemöglichkeiten für das Geld ihrer Kunden zu finden. Um höhere Renditen zu erzielen, müssten sie entweder auf lange Laufzeiten setzen. Das Problem hierbei: Das Zinstief würde dann an nachfolgende Generationen vererbt, selbst wenn die Zinsen zwischenzeitlich wieder steigen sollten. Die Alternative wäre ein Investment in risikoreichere Anlageklassen, die oft auch mehr Rendite abwerfen. Dann aber müssten die Versicherungen mehr Eigenmittel hinterlegen, was wiederum die Bilanzen gefährden würde.

Deshalb ziehen sich immer mehr Versicherer aus dem Geschäft mit der „klassischen“ Lebensversicherung zurück. Statt einen Garantiezins anzubieten, setzen sie auf neue Mischmodelle, bei denen oft nur der Erhalt der eingezahlten Beiträge garantiert ist. Zugleich dürfen die Versicherer das Geld der Kunden riskanter investieren. Für die Sparer freilich bedeutet dies, sie müssen das Anlagerisiko selbst schultern - sogar bei langer Vertragslaufzeit. Die klassische Lebensversicherung droht zu einem Auslaufmodell zu werden.

Lebensversicherung: Aktuare haben 1,0 Prozent Garantiezins vorgeschlagen

Ein Garantiezins von 0,9 Prozent würde zugleich bedeuten, dass sich das Finanzministerium erstmals über die Empfehlung der Aktuare hinwegsetzt. Die DAV hatte eine moderate Absenkung ab 2018 auf 1,0 Prozent angeraten. Die Bundesregierung hat hierbei allerdings das letzte Wort.

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Die Garantiezins-Änderung betrifft nur Neuverträge. Kunden, die bereits im Besitz einer Lebensversicherung sind, erhalten weiterhin den ihnen bei Vertragsabschluss zugesicherten Garantiezins ausgezahlt.

dpa / Handelsblatt