Wem guter Rat, also Honorar für einen Berater, zu teuer ist und wer als kritischer Anleger hohe Provisionen scheut, vom Verbraucherschutz gelernt ist eben gelernt, der muss sich bei Geld und Anlage eben selbst helfen. Digitale Propheten, so genannte First mover (erste Aktive im Markt) wie wie Cashboard aus Berlin oder Vaamo, Frankfurt/Main, locken internetgeneigtes junges Klientel mit recht einfach zu bedienenden Tools an die Spartöpfe, mit der Hoffnung mit ein bisschen Gebührenbeteiligung das eigene Startup zu beleben.

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Und dann gibt es da noch die Produktanbieter, die selbst verkaufen wollen. Ohne Umweg über FinTechs, App- oder was-auch-immer- Vermittler. Zum Beispiel die Union Invest-Tochter Visualvest. Begeben wir uns nun als Geld-Laien auf die Reise durch deren Webseite (neudeutsch Customer journey) und berichten wir über unsere Erfahrungen und Eindrücke dort und von dort (neudeutsch Customer experience).

Visualvest to go

Klick auf Visualvest.de. Mann, Frau auch, wird geduzt. Bunte Bilder und kurze Texte zeigen und erklären Einfaches, so der Eindruck des Laien, durchaus einfach. Das ergibt das schnelle runterscrollen von oben nach unten. Zurück nach oben und Klick auf „Finde jetzt dein Portfolio“. Gesagt, getan. In den Lücktentext „Ich möchte monatlich _____ Euro und einmalig _____ Euro. Eingetragen: 200 Euro monatlich, einmalig: null Euro. Dann geht es weiter zu „Ermittlung meines Anlegertyps“.

Gibt es das? Einen Anlegertypen? Und: Was ist das? Das fragt sich der Besucher - möglicherweise. Ist die Frage des Users vor dem Bildschirm danach, was ein „Anlegertyp“ ist, jetzt kleinlich? Oder ist das der erste Fachbegriff, der den Laien verunsichert? Egal. Auf „Anlegertyp“ geklickt und erblickt: Drei Fragen nach „Risikobereitschaft“, „Verluste“ und „Strategie“ folgen. Auch dort bei Visualvest werden die Begriffe in „Gänsefüßchen“ gesetzt. Soll das ein Hinweis sein, eine Art Übersetzung à la „Achtung, jetzt kommen Fremdworte“?

Laienbegriffe? Substanzerhaltung, ertragsorientiert, dynamisch?

Offenbar ja. Denn der User muss nun bei einer von vier Strategien sein Kreuzchen setzen zu solcherart Texten, mit denen die vier Strategien beschrieben werden. Für seine Wahl zu Strategie eins, zwei drei oder vier muss der User dann solches beantworten, was er will:

Strategie 1: Substanzerhaltung in Höhe des Zinsniveaus

Strategie 2: Langfristiger Vermögenszuwachs über Zinsniveau

Strategie 3: Ertragsorientierter Vermögenszuwachs mit Kursgewinnen

Strategie 4: Dynamischer Wertzuwachs aus starken Kursgewinnen

(Nicht nur!) Für den Laien sind „ertragsorientiert“ und „dynamisch“ wertlose Worthülsen. Zum Beispiel zu Strategie 2 wird dem Kunden, der es werden soll, gesagt: „Positive Rendite im Bereich zwischen +1,5% und +25% erzielt und in 4 Jahren eine negative Rendite im Bereich zwischen -0,5% und -12%“. Und jetzt? Eigentlich will der Laie doch nur wissen, mit wie viel Zins (ja, es heißt hier Rendite!) er rechnen kann. Dass höhere Erträge mit höherem Risiko verbunden sind, dürfte der User inzwischen immerhin verstanden haben.

Nicht gefragt: Wofür oder bis wann sparen Sie?

Nur stellt sich die Frage, ob oben skizzierte Hinweise auf Visualvest.de beim Laien zu einem Verständnis führen, zu einer vom Portalbetreiber gewünschten Entscheidung des Kunden, der sich am Ende sagt: „Das mache ich“. Und der sich dann über eine „vorläufige Empfehlung“ durchringt, dort Geld anzulegen. Tatsächlich erfährt der Besucher zum Beispiel, das er „der ausgewogene Anleger ist“ ist man bietet ihm mit mit „VestFolio 4 (P) – Ausgewogen“ das mittlere von sieben möglichen Portfolios an. Und dann?

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Langweilig. Dann sieht der Besucher von Visualvest eine Prognose-Grafik mit der möglichen Wertentwicklung seines Vermögens. Danach soll der User „Jetzt anlegen“. Was folgt, ist eine Kontoeröffnung. Neudeutsch geldaffine Menschen mit Abitur mag man auf dieser Tour erreichen. Aber Laien? Der „Geldfremde“ hätte sich gewünscht, vielleicht einmal gefragt zu werden, wofür er spart? Fehlanzeige. Für die nächste Reise oder die Rente? Ob er noch Geld auf der hohen Kante hat, das er für den aktuellen Sparzweck dazu packen könnte. Fehlanzeige. Was bleibt ist Produktverkauf. Schlecht gemachter.

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