Der erste Versicherer, der einen solchen Vertrag anbot (Versicherungsbote berichtete), war vor zwei Jahren die Sparkassentochter S-Direkt. Nach der Pilotzeit mit 1.000 Testfahrern kann das Unternehmen nun auf ihre positiv verlaufene Testphase zurück blicken. "Das Feedback der Kunden war exzellent", sagt Jürgen Cramer, Vorstandsmitglied bei S-Direkt. Wegen der hohen Kosten für die Technik musste das Projekt aber vorerst eingestellt werden. Aktuell tüftelt das Unternehmen an einem Nachfolgeprodukt für den Tarif "S-Drive". "Zum Jahresende wird es ein marktfähiges Angebot geben", verspricht Cramer, der auf welt.de zitiert wird.

Anzeige

Telematik-Tarife: Zielgruppe unter 30 Jahren

Nun ist S-Direkt nicht mehr die einzige Versicherung, bei der geneigte Kunden einen solchen Vertrag abschließen können. Bei der Marke Sijox der Signal-Iduna-Gruppe beispielsweise werden junge Autofahrer von 17 bis 30 Jahren mit Rabatten von bis zu 40 Prozent bei Abschluss des Tarifs AppDrive geworben. Nachdem der Vertrag fix ist, kommt die Black Box ins Fahrzeug und wird mit der OBD-Schnittstelle verbunden: fortan erfährt der Versicherer alles über den Fahrstil seines Kunden und kann dessen Score beobachten. Also den Punktsatz, der bei gutem Fahren erzielt wird.

Ferner bietet die Versicherung Axa ein Produkt namens DriveCheck an, welches sich ebenfalls auf Fahrer unter 25 Jahren richtet. Hier jedoch gibt es keinen Box-Einbau – das ganze läuft über eine App. Weitere Versicherer haben Gefallen an diesem Modell gefunden und nun planen auch große Gesellschaften, Telematiktarife anzubieten. Hierzu zählen die beiden Branchenriesen bei der Kfz-Versicherung, Allianz und HUK Coburg. Einmal mehr geht es ihnen besonders um die jungen Fahrer, denn diese sind statistisch gesehen überdurchschnittlich häufig in schwere Unfälle involviert.

Telematik zunehmend im Angebot der Kfz Versicherungen

In einer Untersuchung der Beratungsfirma Roland Berger zeigte sich ebenfalls, dass Telematik-Tarife Potential bergen. So rechnet man hier im Zeitraum bis 2030 mit einem Wachstum des Marktanteils für telematikbasierte Kfz-Versicherungen von mehr als 20 Prozent. Druck käme hier vor allem von Vergleichsportalen, die KFZ-Versicherer hinsichtlich des zunehmenden Policenabschlüsse bedrängen.

Nun ist ein geringerer Beitrag im Tausch gegen die Daten des persönlichen Fahrverhaltens das Eine. Das Andere ist die Preisgabe durchaus sensibler Daten, denn der oben angesprochene Score ist das Resultat der Fahrweise. Das heißt sie gibt Auskunft darüber: wie stark bremst ein Versicherter, wie beschleunigt er, wie hält er es mit Geschwindigkeitsbegrenzungen, fährt er nachts oder eher am Tage, in der Stadt oder über Land und wo fährt er überhaupt die ganze Zeit hin? Das ist jetzt nicht mehr nur seine Sache. "Wenn Versicherer Daten erheben, werden sie damit auch etwas anfangen wollen", sagt Philipp Opfermann, Versicherungsexperte bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Bei der Entwicklung der Telematikprodukte arbeiten die Versicherer jedoch stets sehr eng mit Datenschützern zusammen, wie betont wird.

Daten gegen Vergünstigungen tauschen

Durch die Verbreitung von Telematik-Tarifen könnten jene klassischen Tarife, die auf Datenerhebungen verzichten, immer teurer werden. "Das ist eine Gefahr", sagt Opfermann. Das wäre allerdings ein Nachteil. Der Generalverdacht könnte aufkommen, nur wer sehr wildes Fahren verschleiern möchte, griffe noch zu klassischen Tarifen. Dass man aber nur gutes im Sinn habe und die Tarife ausschließlich zum Wohl der Kunden gestalte, versichern die Gesellschaften. "Der Sijox-Tarif sieht keinerlei Nachzahlungen für Kunden vor, die einen etwas forscheren Fahrstil pflegen", verkündet etwa die Signal Iduna.

Welt.de rät ganz einfach, sich erstmal auszurechnen, ob der Telematiktarif wirklich ein Schnäppchen sei oder ein Versicherungswechsel nicht das größere Einsparpotenzial böte. Oft nämlich ließen sich mehrere Hundert Euro im Jahr sparen – ganz ohne Datenüberwachung. Kosten entstehen beispielsweise auch bei der Aufrüstung des PKW für die Telematik. Die Verbraucher aber scheinen den Boxen im Wagen mehrheitlich positiv gegenüber zu stehen, wie Forsa in einer Studie erfasste: 62 Prozent der Autofahrer interessieren sich für Beitragsnachlässe aufgrund ihres Fahrverhaltens.

Anzeige

Verbraucher sind pro Telematik

Als Pluspunkt wird auch gesehen, dass einige Telematikdienste bei Unfällen für die Übersendung von Notruf und Standortkoordinaten sorgen oder das Auto bei Diebstahl orten. Und noch mehr Sympathie weckte die S-Direkt mit einer Kampagne während der Testphase. Sie veranstaltete auf der Grundlage der Scores der Versicherten ein monatliches Ranking zum besten Fahrer des Monats, der Sieger bekam drei Monate freien Versicherungsschutz.

Anzeige