Montag letzter Woche hat der Bund der Versicherten e.V. (BdV) bekanntgegeben, dass man eine Verfassungsklage gegen das Lebensversicherungsreformgesetz anstrenge. Nach Auffassung des Verbrauchervereins ist das Gesetz nicht haltbar, weil es „faktisch eine Enteignung des Kunden“ bedeute. Denn es erlaubt den Lebensversicherern, die Beteiligung der Kunden an den Überschüssen stark zu kürzen. Hat hier der Gesetzgeber gepfuscht? Das Bundesverfassungsgericht betonte bereits 2005, die Sparer müssten angemessen an Überschüssen beteiligt werden.

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Streitgegner des BdV ist die Victoria Lebensversicherung, eine Ergo-Tochter. Und schenkt man einer heutigen Pressemeldung des Verbandes Glauben, so nutzt die Victoria den Rechtsstreit, um ihren Kunden das Recht auf einen Widerspruch bei Lebensversicherungen vorzuenthalten. Der BdV mahnt das Vorgehen der Versicherung nun ab. Die Victoria war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Lebensversicherungen nach Policenmodell widerrufbar

Hintergrund ist ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofes (BGH) aus dem Jahr 2014. Seitdem ist es Millionen Versicherungskunden möglich, ihre Lebensversicherungsverträge, die zwischen 1994 und 2007 nach dem sogenannten Policenmodell geschlossen wurden, zu widerrufen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Versicherer fehlerhaft über das Widerspruchsrecht bei den Lebensversicherungen informiert haben. Das trifft nach Einschätzung des BdV auch auf die Verträge der Victoria zu.

Doch Kunden, die Verträge der Victoria Lebensversicherung widerrufen haben, erhielten in den letzten Tagen ein Schreiben des Versicherers, mit den ihnen dieses Recht abgesprochen werden soll. Nach Informationen des BDV erklärt die Victoria schriftlich gegenüber ihren Kunden, das Recht auf Widerspruch nach § 5a VVG sei aufgrund der Verfassungsklage ausgesetzt. Dies sei juristisch nicht haltbar.

Recht auf Widerruf bestehe nach wie vor

„Hier versucht die Victoria juristische Laien über den Tisch zu ziehen“, klagt Axel Kleinlein, Vorstandssprecher des BdV. Korrekt sei, dass eine Verfassungsbeschwerde das Recht auf Widerspruch nicht ausbremse. „Das Recht besteht nach wie vor. Wir fordern die Gesellschaft auf, eine Unterlassungserklärung abzugeben und die unlauteren Aussagen unverzüglich zu unterlassen“, so Kleinlein.

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Der BdV will nun prüfen, ob auch andere Unternehmen ähnliche Schreiben verschicken. Nach Schätzungen des Verbandes kann etwa die Hälfte der Versicherten ihren vor 2008 abgeschlossenen Vertrag widerrufen. Ein Widerruf um jeden Preis sollte aber nicht angestrebt werden – handelte es sich doch oft um Verträge, die einen höheren Zins versprechen als heutige Policen. Hier ist es ratsam, sich unabhängig beraten zu lassen.

BdV

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