Versicherungsbote: Wie würden Sie die Situation von Maklern hinsichtlich des aktuellen Marktumfeldes beschreiben?

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Hartmut Goebel: Die Situation ist herausfordernd und drängt Makler dazu, das eigene Geschäftsmodell noch stärker auf den Prüfstand zu stellen, als sie es in der Vergangenheit getan haben. Gerade Kollegen mit einer starken Orientierung in das private Personenversicherungsgeschäft suchen für sich nach neuen Ertragsfeldern, die geeignet sind, sowohl, AP- als auch Umsatzrückgang auszugleichen.

Mit welchen Themen sollten sich Makler derzeit stärker befassen?

Makler sollten dem erkennbaren Willen von Politik und Verbraucherschutz Rechnung tragen und das eigene Geschäft deutlich unabhängiger von Abschlussprovisionen machen. Gleichzeitig muss eine Digitalisierungsstrategie entwickelt werden. Hier stehen gerade viele kleine Kollegen noch am Anfang.

"Das LVRG hat viele Kollegen noch nicht mit voller Wucht getroffen"

Welche gravierenden Auswirkungen sehen Sie für Makler durch das Inkrafttreten des LVRG?

Das LVRG und insbesondere die damit verbundenen Courtagereduzierungen haben im vergangenen Jahr noch nicht jeden Kollegen mit voller Wucht getroffen, da es teilweise noch Ausweichmöglichkeiten auf Anbieter gab, die möglichst lange an den alten Regelungen festhalten wollten, um sich einen temporären Wettbewerbsvorsprung zu schaffen. Dies wird sich voraussichtlich noch in 2016 ändern. Je nach Geschäftsmix ist jeder Makler jedoch sehr unterschiedlich betroffen.

Halten Sie es für realistisch, dass die Zahl der Makler angesichts der Nachwehen des LVRG stabil bleibt? Warum?

Die Anzahl der Makler in Deutschland hat sich in den letzten Jahren relativ stabil gezeigt. Auch wenn Grenzvermittler aufgrund des LVRG weiter ausscheiden, darf der Berufsstand des Maklers weiterhin auf einen regelmäßigen Neuzugang, sowohl aus Teilen der AO als auch durch Ausgründungen aus bestehenden Maklerunternehmen hoffen.

Welche Rolle werden Makler in Zukunft spielen?

Der ehemalige EG-Kommissar Sir Leon Brittan hat einmal formuliert, dass ein funktionierender Maklermarkt der beste Verbraucherschutz in Deutschland ist. Dem ist wenig hinzuzufügen. Der Makler in seiner Stellung als treuhändischer Sachwalter des Versicherungsnehmers bleibt in dieser Stellung auch in Zukunft unangefochten. Unabhängig davon ist er aufgerufen, das eigene Berufsbild ständig auf den Prüfstand zu stellen und sowohl in technischer als auch in inhaltlicher Richtung anzupassen.

Laut einer Studie aus dem Vorjahr gibt es Makler, die teilweise weniger als 25.000 Euro im Jahr verdienen. Wie erklären Sie die extreme Streuung der Gewinne in der Maklerschaft?

Eine einfache Antwort hierfür verbietet sich. Eine Erklärung könnte die Tendenz von älteren Kollegen sein, die keinen Nachfolger finden können oder wollen, mit ihren Kunden in den Ruhestand zu gehen und so die eigene wirtschaftliche Tätigkeit langsam „ausklingen“ zu lassen.

"Endkunden-Apps werden aktuell überschätzt"

Welches Potential sehen Sie in den aktuell aufkommenden Versicherungs-Apps? Gibt es bereits eine eigene App, bzw. besteht eine Kooperation mit einem Anbieter oder ist eine Zusammenarbeit angedacht?

Das Thema Endkunden-App wird in seiner Bedeutung in der aktuellen Situation überschätzt. Wir haben hier bereits vor über zwei Jahren mit einem Softwarehaus eine Lösung entwickelt, die lediglich auf ein verhaltenes Echo stieß. Unabhängig davon werden wir diese und alternative Lösungen weiterentwickeln. Betonen jedoch dabei, dass jede technische Endkundenlösung immer auf einen gut gepflegten Datenhaushalt zurückgreifen muss. Dies heißt, Kunden-, Risiko- und Vertragsdaten müssen tagesaktuell dem Makler zur Verfügung stehen. Hier müssen viele Kollegen jedoch erst ihre Hausaufgaben machen.

Was muss eine erfolgreiche mobile Anwendung können, um dem Makler wirklich vollumfänglich zu helfen?

Wir schätzen die Bereitschaft von Endkunden, regelmäßig mobile Anwendungen auch im Versicherungsbereich, z. B. im Schadenfall anzuwenden, als eher gering ein. Deutlich stärker könnten dem Makler mobile Anwendungen in der Kommunikation mit VU oder Maklerpools helfen. Hier steht die Entwicklung aber noch am Anfang.

Wie stark ist das Nachfolgeproblem bei ihren Vertriebspartnern ausgeprägt?

Die Nachfolgeproblematik wird bei unseren Partnerunternehmen sehr unterschiedlich angegangen. Während die einen verdrängen oder auf ein Wunder hoffen, gelingt es wiederum einer ganzen Reihe von Kollegen, das Thema sehr strategisch anzugehen. Entweder, weil es qualifizierten Nachwuchs in der eigenen Familie gibt, oder weil man sich frühzeitig in kooperative Netzwerke mit Kollegen eingebunden hat.

Unterstützen Sie Vertriebspartner bei der Suche für eine Nachfolge?

Wir bekommen regelmäßig Anfragen nach übernehmenden Maklern in der jeweiligen Region unseres Partnerunternehmens. Hier helfen wir natürlich gerne weiter.

Wie kann man das allgemeine Nachwuchsproblem Ihrer Meinung nach lösen?

Die Reputation des Berufsstandes und damit die Anziehungskraft des Berufsbildes ist weiterhin schwach. Eine Trendwende ist hier kurzfristig nicht zu erwarten. Da jedoch mit den neuen Vergütungsregeln auch die Möglichkeit sinkt, für weniger qualifizierte Quereinsteiger leicht Geld zu verdienen, werden sich zukünftig eher ernsthaft interessierte junge Menschen dem Beruf annähern. Diese gibt es weiterhin. gBnet engagiert sich hier im Rahmen eines Jungmaklernetzwerkes, um hier einen Raum für Vernetzung und mutmachenden Austausch zu bieten.

Sollten Maklerpools ausbilden, um das Nachfolgeproblem zu lösen?

Natürlich sollten Maklerpools ausbilden, auch wenn das Nachfolgeproblem von diesen wenigen Einheiten natürlich nicht gelöst werden kann. Wir selbst bilden aus und haben damit in der Vergangenheit sehr gute Erfahrungen gemacht und sind optimistisch auch für die Zukunft.

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Die Fragen stellten Jenny Müller und Björn Bergfeld

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