Versicherer stellen Sparten in der Lebensversicherung ein. Versicherer ziehen sich aus dem Neugeschäft zurück. Versicherer haben Defizite bei der Digitalisierung. Versicherer senken die laufende Verzinsung. Schwarze Nachrichten wohin man auch schaut. Ist die Branche am Ende?

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Das Bild der Versicherungsbranche wird aktuell eher in den Farben grau und schwarz gemalt. Versicherer verlassen unprofitable Sparten und fallen immer wieder durch mangelhaften Service auf. Bereits abgeschlossene oder noch in Umsetzung befindliche „Umstrukturierungen“ lassen für die Beziehung zum Kunden nichts Gutes ahnen.

Anspruch und Wirklichkeit in der deutschen Assekuranz

Eine große Zahl der deutschen Versicherer muss zur Sicherung der Zukunftssicherheit im übertragenen Sinne in kürzester Zeit einen dreifachen Rittberger hinlegen. Dieser Sprung im Eiskunstlauf ist ein Kantensprung, also ein geeigneter Vergleich zum Sprung der Versicherer über viele Kanten, die sich in Jahrzehnten aufgesammelt haben. Es müssen die veralteten IT-Systeme modernisiert, die digitalen Wege zum Kunden und Vermittler und die veränderten Ansprüche der Kunden an die Kommunikation mit dem Dienstleister neu gestaltet werden.

Die Branche scheint sich in der Verwaltung von über 400 Millionen Verträgen vielfach verheddert zu haben und findet zu langsam den Wege zu einem „Besser weiter“ als „Weiter so“. Dabei braucht man nur auf die Kunden und Vermittler zu hören oder deren Ansprüche ernst zu nehmen.

Kostengünstige Callcenter im Ausland mit wenig sprachkundigen und noch weniger fachkundigen Agenten erzeugen beim Kunden genauso viel Frust wie Formalismen, die nicht mehr in die Zeit passen. Immer größere Regional- und Führungsstrukturen beschleunigen die „Entfernung“ vom Kunden ohne das ein adäquater Ersatz geschaffen wird.

Der Mangel an festen Ansprechpartnern für die Kunden mit verlässlichen Telefonnummern und eMail-Adressen führt ebenso zu einem Verlust an Kundenbindung wie der Abbau von Ansprechpartnern für die Vermittler vor Ort. Kunden wie Vermittler erwarten keine Warteschleifen in Hotlines. Sie erwarten auch nicht von drei Ansprechpartnern fünf verschiedene Aussagen zu Fachfragen. Kompetenz ist gefragt und die ist bei schwach qualifizierten und schlecht bezahlten Mitarbeitern eben nicht zu bekommen.

Der GDV-Präsident Dr. Alexander Erdland hat zum GDV-Versicherungstag der Branche nicht grundlos die Leviten gelesen:

„Wir betreuen keine Verträge, wir betreuen Kunden. Und ich glaube, das ist auch für die Bereitschaft in unseren Unternehmen Veränderungen vorzunehmen, eine neue Aussage, dass wir viel radikaler noch als früher vom Kunden her denken müssen. Und der Kunde verändert sich eben in dieser vernetzten Welt.“

Der digitale Kunde wurde verschlafen

Wenn man heute die Angebote von Online-Versandhändlern und Online–Plattformen mit den Kommunikationsprozessen der Versicherer mit den Kunden vergleicht, dann wird man sehr schnell die bestehenden Defizite erkennen. Bei vielen Versicherern und Vermittlern gibt es weder ein „Einfach“, noch ein „Schnell“ noch ein „Verständlich“.

Bei dem Umfang des Nachholbedarfs bei den Versicherern wird es in diesem und den folgenden Jahren für noch mehr Unternehmen nur eine Antwort geben: Rückzug aus unprofitablen Geschäftsfeldern und Konzentration auf die Kernbereiche. Die Verlagerung von Riester- und Rürup-Verträgen von einem auf den anderen Versicherer ist erst der Anfang. Ich sehe dies als Anfang einer Tendenz, dass die staatlich überregulierten Produkte früher oder später nicht mehr zum Geschäftsfeld der privaten Versicherungswirtschaft gehören werden.

Teure Produktentwicklungen, die im Ergebnis nur hohe Kosten bei wenigen vermittelten Verträgen bringen, wird sich kaum noch ein Versicherer leisten können. Demnach ist davon auszugehen, dass es wenige Vollsortiment-Anbieter an der Assekuranz geben wird. Konsolidierung ist angesagt.

Die Investments der Versicherer und Vermittler müssen in die neuen Kommunikationswege mit dem Kunden gehen. Denn die Kunden stimmen auf dem digitalen Weg mit den Füßen – besser wohl mit dem Finger auf dem Smartphone – ab. Der Kunden entscheidet, mit welchem Medium er mit seiner Versicherung in Kontakt treten will. Und dementsprechend sind die Versicherer und Vermittler gefordert, diese Möglichkeiten anzubieten.

Versicherer, die auf die kleinsten Kunden- oder Vermittlerwünsche nur mit der lapidaren Auskunft „dann reichen Sie uns das mal schriftlich ein“ reagieren, stellen sich selbst vom Feld einer positiven Kundenbeziehung. Unsere gemeinsamen Kunden sind von der Servicequalität der Onlineanbieter verwöhnt.

Alles schnell und jetzt ist die Devise – und alle Dienstleister in der Servicekette werden in diesen sich beschleunigenden Strudel der neuen Servicequalität mit hineingezogen. Wer mitschwimmt bleibt oben und der Rest wird untergehen – Reduzierung.

Werte der deutschen Versicherungswirtschaft stärker betonen

Jahrelang haben sich die deutschen Versicherer, ob ausgesprochen oder nicht, einen Wettstreit mit den Banken geliefert. Wer verspricht die höhere Zinsen, die besseren Garantieleistungen und die preiswerteren Produkte. Dabei ist die Assekuranz mit besonderem Blick auf die Lebens- und Rentenversicherungen auf Abwege von den eigenen Wurzeln geraten.

Bei den historisch ersten Lebensversicherungen wie Sterbegeld- oder Witwenrentenversicherungen ging es um fest definierte Summen zur Versorgung der Hinterbliebenen. Und es ging nicht um Zinsen. Diese garantierten Leistungen wurden gegen niedrige Beiträge in einer Versichertengemeinschaft möglich.

Der klassische Versicherungsgedanke aus den Gilden kehrt nun, wenn auch zwangsweise durch die Folgen der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise verursacht, zurück. Beschleunigt wird die Abkehr vieler Lebensversicherer von den „klassischen“ Lebensversicherungsprodukten durch das Umsteuern auf andere Produkte, die das Eigenkapital der Unternehmen schonen. Solvency II lässt grüßen. Doch dieser Prozess der Umstellung der Produktpalette wird langsam und jahrelang verlaufen.

Die Ende vergangenen Jahres gestartete Branchenkampagne „7jahrelänger“ führt wieder an die beschriebenen Wurzeln zurück. Mit dem gewollt anderen Blick der Öffentlichkeit auf die Leistungen der deutschen Versicherer kann ein Beitrag zum Überleben der deutschen Lebensversicherung und damit zur Konsolidierung vieler Versicherer eingeleitet werden. Ob dies für alle deutschen Lebensversicherer der Rettungsanker wird bleibt abzuwarten.

Kommt das große „Vermittlersterben“

Wie im Großen so im Kleinen. Das Jahr 2016 wird Antworten darauf geben, ob die Anzahl der Vermittler sich konsolidieren wird oder ob eine weitere Reduzierung der Vermittlerzahlen den Markt prägt. Mit Blick auf die demografische Situation und unter betriebswirtschaftlicher Sicht sehe ich eher dunkle Wolken als Sonne. Dennoch bin ich optimistisch.

Natürlich werden in den kommenden Jahren einige Vermittler jenseits des Geburtsjahres 1955 ihren gleichermaßen geliebten und gehassten Beruf an den Nagel hängen. Aber die Nachfrage nach solchen zur Übergabe anstehenden Firmen und Kunden-beständen auf Plattformen wie dem „Marktplatz für Maklerbestände“ ist enorm. Dieser Nachfragemarkt zeigt, dass die Geschäftsaufgabe des einen die Stärkung des anderen Vermittlers bedeuten kann und wird.

Der @AssekuranzDoc

Der @AssekuranzDoc

Dr. Peter Schmidt ist Experte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als @AssekuranzDoc.

Aus der Erfahrungen des vergangenen Jahres bei der Begleitung von Bestands – oder Firmenverkäufen in der Versicherungsbranche spüre ich soviel Enthusiasmus von Vermittlern im Alter zwischen 30 und 40. Das ist der Grund, weshalb ich von einer zahlenmäßig zwar kleineren, aber auch leistungsfähigeren freien Vermittlerschaft für die kommenden Jahre ausgehe. Diese „jungen Wilden“ werden den Übergang zu einer volldigitalisierten Kundenberatung und –betreuung schaffen.

Unlängst habe ich dazu mit einem der Geschäftsführer einer Maklerfirma in Sachsen gesprochen. Ein Unternehmen mit zehn Mitarbeitern, voll digitalisiert, ISO-zertifiziert... – kurz: Ein professionell arbeitendes Unternehmen. Systematisch, fair und transparent werden Bestände von Seniormaklern in der Region in den eigenen Bestand überführt. So werden die Grundlagen geschaffen auch in Zukunft die Herausforderungen der Branche für und mit den Kunden erfolgreich umsetzen zu können.

Eine bedeutende Rolle bei der Konsolidierung der Qualität und der Anzahl der freien Vermittler könnten Maklerpools spielen. Diese Servicedienstleister können, wenn sie in den letzten Jahren nachhaltig gewirtschaftet haben, partiell den Investitionsdruck von den Einzelkämpfern und den kleineren Vermittlerfirmen nehmen und ein zukunftsfähiges und partnerschaftliches Geschäftsmodell über eine reine Einkaufsgemeinschaft hinaus aufbauen. Wenn, ja wenn.

Fazit:

Bei der Beantwortung der Frage „Konsolidierung oder Reduzierung“ bei den Versicherungsunternehmen und den Vermittlern sind mehr „Wenns“ zu berücksichtigen, als hier darstellbar sind. Dazu gehören die Rahmenbedingungen aus internationaler, europäischer und nationaler Politik und Wirtschaft ebenso wie der wachsende Einfluss von echten oder selbst ernannten Verbraucherschützern mit abstrusen Forderungen an die Branche.

Für Versicherer wie Vermittler gilt es gleichermaßen spätestens jetzt ihr Geschäftsmodell auf seine Zukunftsfähigkeit zu prüfen. Die spartenorientierte Kundenberatung muss entweder noch stärker konzentriert und ertragreich abgewickelt werden. Das kann auch Reduzierung und Wegfall bedeuten. Oder die Voraussetzungen für einen ganzheitlichen Beratungs- und Betreuungsansatz sind zu entsprechend der neuen Kommunikationsgepflogenheiten der Kunden zu schaffen.

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Mit den richtigen Antworten wird man auf der Seite der Gewinner sein. Für den Weg dahin wird Ihnen Ihr Assekuranzdoc mit „neuer Heimat“ in diesem Jahr mit vielen Impulsen Unterstützung geben.

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