Ja, auch Bankfunktionäre dürfen einmal richtig die Kuh fliegen oder den Bär steppen lassen. Wenn das auf Kosten des eigenen Geldhauses geschieht und damit zulasten der Kunden, ist das jedoch weniger legitim. Und so hat die Finanzbranche ihren nächsten Skandal: Just zu einer Zeit, in der sie auf einem guten Weg war, verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen.

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Gelder mutmaßlich für Partys und Wochenendausflüge veruntreut

In der Hauptrolle diesmal: Enrico Kahl, 17 Jahre Vorstandsvorsitzender der Sparda-Bank Münster, bisher mit gutem Leumund. Nach Erkenntnissen einer internen Revision der Bank soll der 57jährige über einen längeren Zeitraum hinweg Spesenbetrug begangen haben. Beispielsweise habe er sich die Kosten für private Feiern und verlängerte Wochenendreisen von seinem Arbeitgeber erstatten lassen, berichtet die Sparda-Bank in einer Stellungnahme. Der Schaden soll im unteren sechsstelligen Bereich liegen. Auch strafrechtlich wird sich Kahl verantworten müssen. Nachdem das Geldhaus eine Anzeige wegen Untreue erstattete, ermittelt nun die Staatsanwaltschaft Münster.

Bereits am Mittwoch stellte die Polizei bei einer mehrstündigen Hausdurchsuchung mögliches Beweismaterial sicher und beschlagnahmte unter anderem Aktenordner und Festplatten, wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft Münster, Heribert Beck, gegenüber den Westfälischen Nachrichten bestätigte. „Die Auswertung der Unterlagen wird Monate in Anspruch nehmen“, dämpfte er die Hoffnung auf eine schnelle Aufklärung.

Die Sparda-Bank will nun die Staatsanwaltschaft bei der Arbeit unterstützen, lehnte weitere Auskünfte jedoch ab. Aufsichtsrats-Chef Hans-Georg Klecker erklärte: „Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir erst unsere Vertreter am 13. November über weitere Details informieren werden“. Dann ist eine außerordentliche Vertretersammlung einberufen, eine Art Hauptversammlung der Volksbanken. Nach Angaben der Bank soll vorübergehend der stellvertretende Vorsitzende Johann Kapl die Geschäfte übernehmen. Eine negative Auswirkung auf das Jahresergebnis wird nicht erwartet, da das Geldhaus für solche Delikte eine Versicherung abgeschlossen hat.

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Betrugsvorwürfe auch in Halle

Bisher sind die Vorstände der kleinen Volksbanken eher selten durch Betrugsdelikte aufgefallen. Umso erstaunlicher, dass es aktuell bei der Volksbank Halle einen ähnlichen Vorfall gibt. Dort wird dem lange amtierenden Ex-Chef Manfred Kübler vorgeworfen, ebenfalls Gelder für private Zwecke missbraucht zu haben, unter anderem für Hotelübernachtungen und großzügige Spenden an einen Golfclub. Auch soll er von seinem eigenen Geldhaus Kredite in Höhe von 1,3 Millionen Euro ohne ausreichende Sicherheiten erhalten haben. Und das sind noch lange nicht alle Delikte: Kübler soll bei seiner Einstellung eine Bewährungsstrafe verschwiegen und Kollegen systematisch überwachen lassen haben. So könnte schon bald die Frage aufkommen: Werden die Genossenschaftsbanken ausreichend beaufsichtigt?

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