"Die gesetzliche Rente ist keine Sparbüchse"

Holger Lüthen, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Staat des DIW Berlin und der Freien Universität Berlin warnt davor, die gesetzliche Rentenversicherung als reinen Ansparprozess anzusehen. Vielmehr müssten auch die Funktionen der Versicherung in Betracht gezogen werden. „Die gesetzliche Rente ist keine Sparbüchse, sondern eine Versicherung. Die Verzinsung der Rentenbeiträge darf allerdings nicht zu klein werden“, betont er. „Andernfalls droht die Rentenversicherung an Attraktivität zu verlieren, zudem würde für die Versicherten das Risiko, im Alter arm zu sein, immer weiter steigen.“

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Die Versicherungsfunktion der gesetzlichen Rentenkasse werde besonders bei der Erwerbsminderungsrente sichtbar: hier liegt die Verzinsung deutlich höher, nämlich fünf Prozent für Frauen und drei Prozent bei Männern. Außerdem lassen sich hier auch keine rückläufigen Zahlen bei der Verzinsung feststellen.

Die Schuld für die kleiner werdende Verzinsung der Rentenbeiträge sieht Lüthen vor allem in der immer älter werdenden Gesellschaft. Ein weiterer Grund könnte die 1992 umgesetzte Rentenreform sein: Seitdem müssen Rentner bei zeitigerem Gang in den Ruhestand dauerhafte Abschläge hinnehmen.

Rentenbeiträge in den letzten 60 Jahren fast verdoppelt

Drastische Unterschiede gibt es besonders zwischen den Ein- und Auszahlungen: Rentner der Jahrgänge 1945 bekommen zwar nur gering weniger Geld als Frauen und Männer der Jahrgänge 1935, haben aber im Laufe der Zeit viel mehr in die Rentenkasse einzahlen müssen. Dies hat einen einfachen Grund: Über die Jahre gab es einen deutlichen Anstieg der einzuzahlenden Beitragssätze. So mussten Arbeitnehmer im Jahr 1949 gerade einmal 10 Prozent ihres Gehaltes einzahlen. Im Jahr 2009 waren es immerhin schon stolze 19,9 Prozent.

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Um der steigenden Altersarmut entgegenzuwirken, muss die Rentenversicherung die Zinsentwicklung evaluieren. Außerdem, so Lüthen, müssen zukünftige Untersuchungen zur gesetzlichen Rente mit realen Menschen und Lebensläufen arbeiten, um einen repräsentativen Schnitt der Bevölkerung abbilden zu können. Bisher würde ausschließlich mit stilisierten Biographien gearbeitet, die die gesamte Bevölkerung repräsentieren sollen, dies aber nur unzureichend könnten.

Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung

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