Überall in Europa nimmt der Bedarf für die private Altersvorsorge zu. Die zentrale Säule der Alterssicherung ist in der Bundesrepublik und der Mehrheit der übrigen Staaten der Europäischen Union ein umlagefinanziertes System. Durch den sich überall vollziehenden demographischen Wandel gerät dieses System allmählich in Bedrängnis und verliert seine Tragfähigkeit. Gegenwärtig kommen in der EU im Schnitt fünf Arbeitnehmer auf einen Rentner, im Jahr 2060, so wird kalkuliert, würde dieses Vehältnis bei zwei zu eins liegen. Das Rentenniveau müsse folglich laut dem „Ageing Report 2015“ kontinuierlich absinken. Von bisher 46,5 Prozent des bisherigen Einkommens wird dem Pensionär der Zukunft nur noch ein Anteil von 38,4 Prozent seines einstigen Einkommens ausgezahlt werden können, so die Schätzung. Die heftigsten Dezimierungen dieses Niveaus werden für Frankreich, Italien und die Länder des östlichen Euopa erwartet, wie der GDV berichtet.

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Europa-Rente auf der EIOPA-Konferenz

Am Montag wurde auf der Konferenz der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung EIOPA darüber beraten, wie eine „Europa-Rente“ gestaltet werden könnte. Schon vor zwei Monaten legte die EIOPA dazu ein Konsultationspapier vor. Das von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebene Papier beschrieb zentrale Eckpfeiler des PEPP.

Dabei soll das PEPP als ein überall in Europa angebotenes privates Altersvorsorgeprodukt fungieren, ohne bestehende nationale Lösungen zu verdrängen oder gar zu ersetzen. Drei entscheidende Eigenschaften des PEPP sind: erstens die Generierung eines zusätzlichen Einkommens nach Abschluss des Erwerbslebens, zweitens kann das angesparte Geld nicht vor dem Eintritt in den Ruhestand bezogen werden (wenn, dann mit erheblichen Einbußen) und letztlich die Verfolgung einer langfristigen Anlagestrategie unter Berücksichtigung der Unbeständigkeit der Finanzmärkte.

Deutschland ist europäischer Spitzenreiter der Altersvorsorge

Während man in Deutschland mit der privaten Altersvorsorge schon einiges an Erfahrung hat, sind die Länder Ost- und Südeuropas in diesem Metier noch wenig beschlagen, ein Vorsorgemarkt mit adäquaten Vorsorgeprodukten ist dort noch sehr schach entwickelt. „Deutschland ist mit seinem Modell, das stark auf Versicherungslösungen basiert, einer der europäischen Spitzenreiter in der privaten Altersvorsorge“, sagte Alexander Erdland, Präsident des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Von den deutschen Erfahrungen könne man in anderen Teilen Europas profitieren. So gibt es im Baltikum, in Rumänien oder Kroatien bis heute praktisch keine private Vorsorge. Doch auch hier plant man nunmehr, künftig ein Zehntel bis ein Drittel aller Ausgaben für die Rente auf private Vorsorgesysteme aufzubringen. So stellt man sich vor; dass die „Europa-Rente“ diesen Weg zementieren und stabilisieren könnte.

Mit dem Ziel eines übernationalen Vertriebs schlägt die EIOPA die Einführung eines „Produktpasses“ vor, was bedeutet, dass ein Angebot, welches in einem Mitgliedsstaat nach den gemeinsamen Regeln genehmigt wurde, auch in den übrigen EU-Staaten vertrieben werden dürfe, wobei das Internet der zentrale Vertriebsweg sein könnte. Entsprechend gering soll der Beratungsaufwand sein, das heisst: die Produkte müssen übersichtlich konstruiert und der Verbraucherschutz und Standards für gute Beratung und Produktinformationsblätter müssen gesichert sein, fordert die EIOPA.

Im Endeffekt wird die Europa-Rente besonders dann praktikabel sein, wenn sie eine überschaubare aber langfristig risikoarme Produktpalette von Anlagemöglichkeiten für Kunden bereithält. Deshalb empfiehlt die EIOPA, dass mindestens eine der Anlagemöglichkeiten nach Abschluss des Vertrages von den Kunden keine weiteren Investitionsentscheidungen verlangen. Als hierfür in besonderer Weise geeignet, betrachtet die EIOPA auch Anlagemöglichkeiten mit Garantien oder Lebenszyklus-Strategien. Durch die kontinuierliche Absenkung des Anteils riskanter Anlagen soll am Ende der Ansparphase die nötige Sicherheit realisiert sein.

Altersvorsorge mit gemeinsamen europäischem Nenner

Das klingt auch für den Präsidenten des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft, Alexander Erdland, spannend : „Wenn es gelingt, ein Vorsorge-Produkt zu schaffen, das die Anforderungen an eine gute Altersvorsorge auf einen gemeinsamen europäischen Nenner bringt – das wäre ein schöner Sprung nach vorne“, sagt er. „Entscheidend ist aber natürlich, dass das Ergebnis ein echtes Altersvorsorgeprodukt ist – die Menschen also am Ende eine lebenslange und stabile Rentenleistung erhalten.“ Weniger erfreut zeigte sich Erdland angesichts des Fakts der wachsenden Lebenserwartung, welche die Frankfurter Aufseher zwar im Blick hätten, daraus aber bisher noch nicht die entsprechenden Konsequenzen zögen. „Für die Altersvorsorge ist eine regelmäßige Rentenleistung bis zum Lebensende zwingend notwendig. Denn nur so ist über die gesamte Lebensdauer ein sicheres Einkommen garantiert.“

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Weitere Neuigkeiten zum Thema sind ab dem fünften Oktober zu erwarten. Bis dahin konsultiert die EIOPA die Öffentlichkeit, um Chancen und Verbesserungsbedarf zu ihren jetzt auf dem Tisch liegenden Vorschlägen zu erfragen. Mit den gesammelten Einflüssen der Befragung wird die EIOPA hernach ihre Vorschläge noch einmal überarbeiten, bevor es ihre Ergebnisse dann an die EU-Kommission übergibt. Wie lange dieser Prozess andauern wird, ist noch nicht abzusehen, denn, so Erdland,: „Genauigkeit muss dabei aber vor Schnelligkeit gehen”.

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