Die BaFin hat erneut von allen deutschen Lebensversicherer unter ihrer Aufsicht Prognosen verlangt, die zeigen, wie deren Eigenmittelsituation unter Solvency-II-Bedingungen aussähe. Stichtag für diese Erhebung war der 31. Dezember 2014. Dabei habe sich ein wesentliches Ergebnis der ersten „Vollerhebung Leben“ aus dem vergangenen Jahr erwartungsgemäß bestätigt, schreibt die BaFin: Die Übergangsmaßnahmen und die Volatilitätsanpassung, die Solvency II vorsieht, entfalten demnach die von der Aufsicht gewünschte Wirkung.

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16 Jahre Zeit für die Umstellung

Zentrale Bedeutung bei der Umstellung auf Solvency II, also auf höhere Kapitalanforderungen, haben die Übergangsmaßnahmen des Regelwerks: Solvency II wird bei den Lebensversicherern schrittweise über einen Zeitraum von 16 Jahren eingeführt.

Ergänzend und damit kapitalschonend bekommen die Lebensversicherer als permanentes Instrument die so genannte Volatilitätsanpassung. Hierbei handelt es sich um einen Aufschlag auf die Zinskurve, genauer eine künstliche Erhöhung des für die Prognosejahre anzusetzenden Marktzinses.

Sind anhaltende Minizinsen eine „Marktübertreibung“?

Mit der Volatilitätsanpassung sollen nach Angaben der BaFin „übermäßige Schwankungen in den Ergebnissen auf Grund von Marktübertreibungen vermieden“ werden. Gemeint sind die Marktzinsen, die allerdings bereits seit Jahren kontinuierlich gefallen sind und nun bei guten Staatsanleihen gleich Null sind. Mittelfristig wird sich am Anleihezins, Lebensversicherers Liebling, nicht viel ändern. Außerdem säßen viele Gesellschaften dann im so genannten Cash-Lock.

Das bedeutet: Selbst bei steigenden Zinsen könnten viele Versicherer nicht sofort umschalten und rentablere Papiere kaufen, weil sie dann noch in alten Papieren investiert wären. Letztere haben die Versicherer sich in den vergangenen Jahren mit überwiegend langen Laufzeiten eingekauft, um zumindest etwas höhere Zinsen als für Kurzläufer zu bekommen.

Es gibt noch Wackelkandidaten

Die Zahl der Unternehmen, die trotz höherer Zinsansätze und 16 Jahren Übergangszeit keine ausreichenden Eigenmittel vorweisen konnten, hat sich im Vergleich zur ersten Vollerhebung im vergangenen Jahr nicht erhöht, schreibt die BaFin in ihrem Monatsjournal. Felix Hufeld, Chef der Aufsichtsbehörde, ergänzt dazu: „Mit Versicherern, bei denen sich mögliche Schwierigkeiten zum Start von Solvency II abzeichnen, steht die BaFin in engem Kontakt“. Bei „Spiegel Online“ hatte Hufeld im Juli noch von „Wackelkandidaten“ gesprochen, „die wir uns genauer anschauen müssen".

Hufeld wertet die Ergebnisse der neuen Erhebung positiv, weist allerdings darauf hin, dass die Übergangsmaßnahmen innerhalb der 16-jährigen Übergangsphase sukzessive auslaufen. „Die Unternehmen werden sich also sehr anstrengen müssen, um ihre Kapitalbasis zu stärken, auch wenn die Zinsen seit Ende 2014 leicht gestiegen sind“. Dies wird durch die erneute Vollerhebung bestätigt, wonach bei fast der Hälfte der befragten Unternehmen die Eigenmittel zum Stichtag 31. Dezember 2014 unter den künftigen Anforderungen lägen, wenn sie die Übergangsmaßnahmen nicht anwendeten.

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Ohne Übergangshilfen zu Solvency II würden 12 Milliarden Euro fehlen

In der Summe ergäbe sich dann für diese Unternehmen eine Eigenmittellücke von etwa 12 Milliarden Euro. Erste Vollerhebung Leben Die erste „Vollerhebung Leben“ der BaFin fand 2014 statt und basierte auf Kapitalmarktdaten zum 31. Dezember 2013. Da die Zinsen danach weiter sanken, hat die BaFin eine erneute Erhebung zum Stichtag 31. Dezember 2014 durchgeführt.

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