Vor wenigen Wochen hat in meiner Ostthüringer Heimatstadt Zeulenroda, immerhin ein Ort mit 17.000 Einwohnern, die einzige Filiale der Deutschen Bank dichtgemacht. An der Tür des Gebäudes hängt nun ein unscheinbarer Zettel, auf dem steht, dass sich Kunden bitte an die nächstgelegene Filiale in Greiz wenden sollen, wenn sie einen persönlichen Ansprechpartner brauchen. Die Entfernung: knapp 20 Kilometer. Gerade für Senioren ohne Auto könnte es schwierig werden, dorthin zu gelangen, denn Busse fahren maximal im Stundentakt. Vielen wird keine andere Option bleiben, als zu einem anderen Institut zu wechseln.

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In Deutschland ist das große Filialsterben ausgebrochen. Viele Banken schließen ihre Niederlassungen, weil sie der Meinung sind, dass die meisten Kunden sowieso nur noch im Internet ihre Geschäfte tätigen. Das ist nicht ganz falsch, erschwert es aber den Menschen, vor Ort eine persönliche Beratung in Anspruch zu nehmen. Und nun hat der nächste Branchenriese einen drastischen Filialabbau angekündigt, wie Welt Online berichtet: die Volks- und Raiffeisenbanken wollen bis zu 2.500 Anlaufstellen schließen. Ende 2014 gehörten zum Bankenverbund noch 12.770 Filialen.

Volks- und Raiffeisenbanken streichen 10 bis 20 Prozent aller Filialen

„In den nächsten drei Jahren werden zehn bis zwanzig Prozent aller Bankstellen wegfallen“, erklärt Uwe Fröhlich, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), dem Berliner Blatt. Geschlossen werden sollen in erster Linie Klein- und Kleinstfilialen, leistungsfähige Vertriebsstellen hingegen erhalten bleiben. „Unsere Präsenz in der Region bleibt für uns – anders als für manchen Wettbewerber – von großer Bedeutung“, versicherte Fröhlich.

Damit folgen die Genossenschaftsbanken einen anhaltenden Trend. Soeben erst hat die HypoVereinsbank 240 ihrer vormals 580 Standorte gestrichen, berichtet Welt Online. Bei der Deutschen Bank sollen bis zum Jahr 2017 ebenfalls 200 Niederlassungen wegfallen. Und das Ende der Streichungen ist noch lange nicht erreicht. Laut Deutscher Bundesbank reduzierte sich die Zahl der Anlaufstellen von 45.000 im Jahr 2004 auf 35.000 im Jahr 2014.

Auch Sparkassen schließen Zweigstellen

Auch die Sparkassen haben zwischen 2010 und 2013 rund 700 inländische Zweigstellen geschlossen, zum Jahresende 2013 blieben noch 12.323 Zweigstellen übrig. Weitere Schließungen sind wahrscheinlich.

Gerade jüngere Kunden wandern immer mehr ins Netz ab – auch zu Direktbanken, die mit ihrem Verzicht auf Filialen niedrigere Kosten haben. Ärgerlich ist, dass gerade in ländlichen Regionen, wo viele ältere Menschen wohnen, die Bankfilialen dichtmachen. Senioren nutzen oft seltener das Netz für Bankgeschäfte und bevorzugen den Gang zum Bankschalter. So sind bei den Volks- und Raiffeisenbanken bislang erst rund die Hälfte der 30 Millionen Konten für das Online-Banking freigeschaltet.

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Immerhin verkündete Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon 2013 im Gespräch mit dem Focus, die Sparkassen werden weiterhin auf ein breites Filialnetz setzen. „Wir halten an der Filiale fest, das ist für uns die Visitenkarte“, versicherte er. „Wir werden auch in zehn Jahren auf dem Land mit qualifizierten Mitarbeitern in der Sparkasse um die Ecke zur Verfügung stehen. Und wir ergänzen unsere Leistungen mit Online-Angeboten.“ Gerade für ältere Kunden sei der Ansprechpartner vor Ort von zentraler Bedeutung. Und auch die Volksbanken wissen, dass ein breites Filialnetz sogar ein Wettbewerbsvorteil sein kann.

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