Manchmal hängt es von kleinen Formulierungen ab, ob das Ergebnis einer Studie in einem positiven Licht erscheint oder als Indiz für eine Krise. So auch bei einer Umfrage des Analysehauses YouGov, für die im Juni 2015 insgesamt 1.010 Schüler und Schulabgänger nach der Attraktivität der Versicherungsbranche als Arbeitgeber befragt wurden. Der Versicherungsvermittler-Beruf „sei für mehr als jeden fünften Berufsanfänger attraktiv“, heißt es in einer Pressemeldung von YouGov Deutschland. Kann dies optimistisch stimmen? In konkreten Zahlen bedeutet dies: nur 22 Prozent der Schulabgänger können sich überhaupt vorstellen, als Versicherungsvermittler tätig zu werden.

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Innendienst wird als attraktiver eingeschätzt

Weit beliebter ist der Innendienst bei einer großen Versicherung, zum Beispiel die Schadenbearbeitung. Er stößt fast bei der Hälfte der befragten 16-25jährigen auf Zustimmung (48 Prozent). Zentrale Kriterien für die Wahl von Beruf und Arbeitgeber sind für die „Generation Y“ die Sicherheit des Arbeitsplatzes (89 Prozent), Nachhaltigkeit und gute Arbeitsbedingungen (89 Prozent) sowie die Work-Life-Balance, also z.B. ausreichend Freizeit für die Familie und soziale Aktivitäten zu haben (88 Prozent).

Bei jenen Interessenten, die für die Tätigkeit des Versicherungsvermittlers offen sind, sticht der Wert für die sogenannte „Diversity“ (frei übersetzt etwa „Vielfalt“) besonders hervor. So ist es 61 Prozent der Zielgruppe wichtig, mit Kolleginnen und Kollegen aus verschiedenen Religionen, Kulturen und Nationalitäten zusammenzuarbeiten. In der Gesamtheit ist dieser Wert nur für die Hälfte der Befragten (50 Prozent) relevant.

Konzentration der Studie auf Ausschließlichkeits-Vertrieb

Mehr als zwei Drittel (68 Prozent) der potentiellen Versicherungsvermittlerinnen und -vermittler legen Wert darauf, bei einem bekannten Unternehmen zu arbeiten, berichten die Studienmacher. Die bekanntesten Unternehmen sind laut Studie bei den 16- bis 25jährigen die Allianz (87 Prozent), HUK-Coburg (80 Prozent) sowie Axa und die Ergo (jeweils 78 Prozent). Hierin zeigt sich auch ein blinder Fleck der Studie, die wohl korrekt „Traumjob Versicherungsvertreter“ hätte heißen müssen. Denn die Möglichkeit, als ungebundener Vermittler zu arbeiten, wurde nicht abgefragt.

Studienleiterin Jutta Rothmund erklärt: „Die Studie konzentriert sich auf die Rekrutierung von Schülern und Schulabgängern in den Ausschließlichkeitsvertrieb, die Ergebnisse sind aber auf den ungebundenen Vertrieb weitgehend übertragbar. Es ist davon auszugehen, dass Informations- und Entscheidungsprozess, Wünsche und Anforderungen der 16 bis 25 Jährigen hier vergleichbar sind, zumal die junge Zielgruppe noch nicht über ein ausgeprägtes Bild von gebundenem versus ungebundenem Vertrieb verfügt.“

Bei der Art der gewünschten Ansprache liegen bei den Interessenten die klassischen Ansprachewege vorne. 58 Prozent wollen über Veranstaltungen an Bildungseinrichtungen angesprochen werden, 56 Prozent über Praktika. Bei den Online-Kanälen liegen Ausbildungs- und Karriereseiten auf der Unternehmenswebseite (57 Prozent) sowie bei sozialen Netzwerken (30 Prozent) vorn.

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Versicherungsbranche hat Nachwuchsproblem

Die Versicherungsbranche hat ein Nachwuchsproblem: Laut der Studie „Provisionen und Courtagen – Was die Versicherer ihren Vermittlern zahlen“ von Towers Watson und dem Versicherungsjournal liegt das Durchschnittsalter der Vertreter bei 48 Jahren, das der Makler bei 49 Jahren. Mehr als jeder dritte Vermittler wird in den nächsten 10 bis 15 Jahren in den Ruhestand gehen. Im Branchenvergleich gehören Versicherer vordergründig nicht zu den bevorzugten Arbeitgebern. Während Banken für immerhin 31 Prozent der 16 bis 25-Jährigen unmittelbar attraktiv sind, stuft nur knapp jeder Fünfte (19 Prozent) die Versicherungsbranche spontan als attraktiven Arbeitgeber ein.

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