Die Widerspruchsbelehrung nach § 5a VVG a.F. muss einen Hinweis auf die einzuhaltende Form, im konkreten Fall Schriftlichkeit, enthalten. Ein bloßer Hinweis darauf, dass der Widerspruch abzusenden ist, genügt nicht. So urteilte das OLG Karlsruhe am 22.05.2015 (Az. 12 U 122/12).

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Versicherungsvertrag wegen fehlender ordnungsgemäßer Belehrung widerrufen

Der Versicherungsnehmer hatte ab dem 1. Juli 2001 einen Vertrag für eine fondsgebundene Rentenversicherung mit Todesfall-Risikoschutz abgeschlossen. Bis August 2007 zahlte der Versicherungsnehmer Beiträge, anschließend stellte er die Versicherung beitragsfrei. Der Todesfall-Risikoschutz wurde dabei aufrecht erhalten.

Mitte des Jahres 2011 kündigte der Versicherungsnehmer den Vertrag und erhielt den vom Versicherer errechneten Rückkaufswert. Im September 2011 forderte der Kunde seinen Anbieter auf, diesen Rückkaufswert nicht nur neu zu berechnen, er widerrief auch den kompletten Versicherungsvertrag - gut 10 Jahre nach dessen Abschluss und verlangte zusätzlich die Rückzahlung der geleisteten Beiträge und Schadensersatz. Er begründete die Zulässigkeit dieses späten Widerrufs damit, dass er über das Widerspruchsrecht (§ 5a Abs. 2 S. 1 VVG a.F.) nicht ordnungsgemäß belehrt worden sei.

Widerspruchsbelehrung im Versicherungsschein: „Absendung“ ist kein ausreichender Hinweis

Dem Vertrag lag das sogenannte Policenmodell zugrunde. Im Versicherungsschein, der dem Kunden nebst Versicherungsbedingungen und übrigen Verbraucherinformationen zugesandt wurde, vermerkte der Versicherer die Belehrung über den Widerspruch:
„Dem Abschluss dieses Vertrages können Sie innerhalb von 14 Tagen ab Zugang dieser Unterlagen widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs.“

Das OLG Karlsruhe urteilte zugunsten des Versicherungsgenehmers. Der Hinweis „Absendung“ ist nicht hinreichend, um deutlich zu machen, dass der Widerruf schriftlich zu erfolgen hat. Abgesendet werden zwar nach allgemeinem Sprachgebrauch keine mündlichen Erklärungen, abgesendet werden aber die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits gängigen E-Mails und auch Telefaxe, die dem Erfordernis der Schriftform gemäß § 126 Abs. 1 BGB a. F. nicht genügen, begründete das Gericht die Zulässigkeit seines Widerrufs.

Kündigung und Verjährung haben für Widerspruchsrecht keine Bedeutung

Das Fehlen der ordnungsgemäßen Widerspruchsbelehrung hat auch zur Folge, dass die Forderungen des Versicherungsnehmers nicht verjährt sind, er also auch 2011 noch ein Widerspruchsrecht hatte. Der Versicherer muss nun auch die Versicherungsprämien zurückzahlen, mit einigen Abzügen für den Versicherungsnehmer, da der Todesfall-Risikoschutz auch nach der Beitragsfreiheit bestand.

Auch das der Vertrag bereits vor dem Einreichen des Widerspruchs gekündigt wurde, änderte nichts an der Tatsache, dass der Versicherer in die Verantwortung genommen wurde. „Ein Widerruf sei auch nach ausgesprochener Kündigung möglich, hiervon gehe auch der Bundesgerichtshof aus“, heißt es im Urteil. Da der Versicherungsnehmer also nicht ordnungsmäß belehrt wurde, fehlte ihm die Möglichkeit, zwischen Kündigung und Widerruf korrekt zu wählen.

Für gezahlte Vermittlerprovision muss Versicherungsnehmer nicht aufkommen

Die Versicherung brachte ins Verfahren ein, dass sie aufgrund der Vermittlungs- und Verwaltungskosten im Zuge der Vertragsabwicklung Verluste hinzunehmen habe. So hatte sie eine Provision von ca. 1.675 Euro an einen Versicherungsvermittler gezahlt.

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Auf eine solche Entreicherung könne sich der Versicherer jedoch nicht berufen, erklärte das Gericht. Dies würde eine vertragsgemäße Verwendung der Prämien bedeuten, damit bliebe es letztlich beim Vollzug des Vertrags, das Rücktrittsrecht wäre ausgehölt und mit der Entscheidung des EuGH (19.12.2013, NJW 2014, 452) nicht vereinbar. Wenn das Rücktrittsrecht wie in diesem Fall wegen der unzureichenden Belehrung derart lang fortbesteht, liegt das Risiko, dass Abschluss- und Verwaltungskosten vergeblich waren, allein beim Versicherer.

OLG Karlsruhe (juris)

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