Die Insolvenz des Dresdner Finanzdienstleisters Infinus zählt zu den größten Finanzskandalen der Bundesrepublik. Rund 41.000 Kunden sollen mit einem Schneeballsystem getäuscht worden sein, was bedeutet, dass Gewinne vorgegaukelt wurden, die nur auf dem Papier existierten. So sollten immer neue Anleger dazu gebracht werden, ihr Geld in Finanzprodukte des Konzerns zu investieren – Geld, das dann mutmaßlich für schnelle Autos, prächtige Villen und Partys verschleudert wurde.

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Willkür im Infinus-Skandal?

Doch schenkt man den Verteidigern der Angeklagten Glauben, ist die Sache komplizierter. Sie sehen in dem Betrugsverfahren eine „unsägliche Verquickung von Ermittlern, Staatsanwälten, Richtern und Insolvenzverwaltern“ am Werk, wie SZ Online am Sonntag berichtete. Von „Willkür“ spricht sogar Martin Wissmann, Rechtsanwalt des ehemaligen Infinus-Aufsichtsrates Siegfried Bullin. Sein Mandant sitze seit nunmehr über 18 Monaten in Untersuchungshaft, ohne dass handfeste Beweise vorliegen würden.

Sämtliche Beschwerden gegen die lange Haft seien bis hoch zum Sächsischen Verfassungshof abgelehnt worden, „um einen Justizskandal zu verhindern“, klagt Wissmann. Die Richter hätten sich „in keinster Weise“ mit den Argumenten der Verteidiger auseinandergesetzt. Auch klassische Haftgründe wie eine Fluchtgefahr sieht Wissmann nicht vorliegen, denn sein Mandant Bullin habe Familie und sei nicht vermögend. Mit einem historischen Vergleich betont Wissmann die angebliche Unverhältnismäßigkeit des Freiheitsentzuges. Ganze 18 Tage sei der frühere SED-Vorsitzende Egon Krenz in U-Haft gewesen, obwohl in dessen Totschlag-Verfahren eine viel höhere Fluchtgefahr bestanden habe.

Ähnlich argumentiert Ulf Israel, Verteidiger des Infinus-Gründers Jörg Biehl. „Wenn einer der Infinus-Insolvenzverwalter der Ehemann der Vizepräsidentin des Oberlandesgerichtes ist, wie kann man da noch von einer fairen Entscheidung sprechen?“, klagte der Jurist im Gespräch mit der Sächsischen Zeitung. Zudem stehe laut SZ der Vorwurf im Raum, die Infinus sei erst durch die bundesweite Razzia in die Insolvenz getrieben wurden.

Staatsanwaltschaft und Justiz weisen Anschuldigungen zurück

Staatsanwaltschaft und Landgericht Dresden weisen die Vorwürfe jedoch scharf zurück. „Ich muss schmunzeln, dass ausgerechnet die Verteidiger mit dem ewig gleichen Neidargument gegen die Insolvenzverwalter hausieren gehen“, kommentierte Landgerichtssprecher Ralf Högner. Auch habe eine gutachterliche Prüfung des Infinus-Geschäftsmodells ergeben, dass die von der Infinus versprochenen Renditen nicht dauerhaft hätten erzielt werden können.

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Immerhin kann Högner auch Entlastendes zugunsten von Infinus berichten. Überhöhte Provisionen seien ebensowenig geflossen wie Ausschüttungen an Hintermänner. Derzeit bereitet das Gericht die Anklageschrift gegen Infinus vor. Sie soll Mitte Juli fertig sein. Fünf der sechs Infinus-Manager sind aufgrund von Fluchtgefahr weiterhin in Haft; dies hatte der zweite Strafsenat des Oberlandesgerichts Dresden im Januar beschlossen (Aktenzeichen: 2 Ws 541/14 und 2 Ws 545/14). Über eine erneute Haftprüfung wurde noch nicht entschieden.

SZ Online

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