Die Zinsen an den Kapitalmärkten sind auf einen historischen Tiefstwert gesunken. Die Banken müssen sogar einen Strafzins zahlen, wenn sie ihr Geld bei der Europäischen Zentralbank (EZB) parken wollen. Da möchte man doch meinen, dass die Institute ihre Zinsersparnisse an die Kunden weitergeben – zum Beispiel, indem sie deutlich niedrigere Dispozinsen berechnen?

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Dies ist nicht der Fall. Wenn Verbraucher ihr Konto überziehen, greifen ihnen die Banken nach wie vor tief in die Tasche. Gerade bei Filialbanken müssen oft zweistellige Dispozinsen gezahlt werden, berichtet die FAZ anhand einer Auswertung mit Vergleichsrechnern der FHM Finanzberatung. Zwar hätten einige Banken tatsächlich ihren Dispo gesenkt, aber nur im marginalen Bereich.

Dispozinsen oft im zweistelligen Bereich

Wie hoch die Dispozinsen sind, zeigt die Auswahl einzelner Institute. So verlangt die Targobank 12,75 Prozent für die Überziehung des Kontos, die Sparda Bank Berlin 12,18 Prozent, die Stadtsparkasse Düsseldorf 11,70 Prozent, die Deutsche Bank 11,70 Prozent und die Hypo-Vereinsbank 11,18 Prozent (Filialkonto, Dispobetrag 1.000 Euro, Stand Mai 2015). Ärgerlicherweise sind es oft kleinere Banken auf dem Land und Stadtsparkassen, die ihre Kunden überproportional zur Kasse bitten. Gerade ältere Menschen haben dann keine andere Wahl, als die horrenden Kosten zu akzeptieren, wenn es an anderen Filialen in der Region mangelt.

Warum aber langen die Banken so kräftig zu? Laut FAZ argumentieren sie, dass der Dispo ja gar nicht als dauerhafter Kredit gedacht sei und seine Zinsen folglich nicht mit denen eines Raten- oder Hypothekenkredites vergleichbar seien. Weil der Dispo kurzfristig in Anspruch genommen werden könne und deutlich flexibler sei, müssten hierfür auch höhere Aufschläge gezahlt werden.

Ein weiteres Argument ist das höhere Ausfallrisiko, weil beim Dispo keine Risikoprüfung stattfinde wie bei anderen Krediten. Aber wie plausibel ist diese Annahme? „In einer Studie des Verbraucherschutzministeriums lag die Ausfallquote bei Dispokrediten bei gerade einmal 0,3 Prozent“, berichtet n-tv. Die Dispo-Sünder sind also sehr zuverlässige Bankkunden. Sowieso erhalten nur jene Kunden einen Überziehungskredit, von deren Verlässlichkeit die Bank überzeugt ist. Wer nicht regelmäßig einen Zahlungseingang nachweisen kann, der bleibt in der Regel außen vor.

Gesetzentwurf soll etwas mehr Transparenz schaffen

Die Politik beschäftigt sich schon länger mit der Frage, wie die Banken zu einer Senkung der Dispokosten gebracht werden können. 2013 wagten die SPD-geführten Länder im Bundesrat einen Vorstoß zur Deckelung der Dispokosten, der aber am Widerstand der Unionsparteien scheiterte. Ermittlungen des Bundeskartellamtes führten ebenfalls zu keinem Ergebnis.

Nun soll etwas mehr Transparenz Abhilfe schaffen. Kommenden Mittwoch will Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) einen Gesetzentwurf ins Kabinett einbringen, der den Banken vorschreibt, die Dispozinsen im Internet zu veröffentlichen. Denn viele Banken verraten die tatsächliche Höhe ihren Kunden nicht einmal, wenn sie gezielt am Telefon nachfragen. Experten bezweifeln aber, dass dies ausreichen wird, um eine Senkung der Zinsen durchzusetzen.

Dass es auch anders geht, zeigt die Skatbank. Als wohl erstes deutsches Geldinstitut schaffte die Genossenschaftsbank aus dem Thüringischen Altenburg den Dispozins im März 2015 ab. Allerdings ist das Angebot an strenge Vorlagen gebunden. Sparer müssen nachweisen, dass sie mindestens 1250 Euro Gehalt im Monat auf das Konto einzahlen. Zum anderen darf das Konto nur um 2.500 Euro überzogen werden – wer mehr Dispo will, muss wieder einen Zins berappen. Auch ist das Konto nicht kostenlos. Fällig wird eine Kontoführungsgebühr von 7,50 Euro im Monat. Für andere Kontomodelle müssen Kunden ebenfalls wenig bezahlen: Hierfür verlangt die Skatbank nur 4,8 Prozent Dispogebühren.

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Auch andere Institute haben einen vergleichsweise niedrigen Zinssatz für den Dispo. Hierzu gehören u.a. die PSD Bank Berlin-Brandenburg (6,49 Prozent), Volksbank Göppingen (6,95 Prozent) oder Direktbanken wie die DKB, die DAB Bank und die ING-Diba (jeweils 7,5 Prozent). Bei der Nutzung des Angebots müssen Kunden aber oft auf ein breites Filialnetz und persönliche Betreuung vor Ort verzichten. Auch holen sich viele Banken den niedrigen Dispo über höhere Kontoführungsgebühren wieder rein.

FAZ / FMH Finanzberatung

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