Das Problem bei verbrauchergeneigten Artikeln zu Geld und Finanzen ist stets dasselbe: Entweder sind zu viele Zahlen für den Laien-Leser unverdaulich. Oder zu viel Text um die Zahlen herum macht aus nüchternen Rechenbeispielen eine vom Leser kaum zu de-konstruierende mathematische Textaufgabe. Mathe-Hasser erinnern sich an ihre Schulzeit. Also muss man den Leser mit einer Art einleitender Erzählung an das Finanzthema heranführen. Statt Finanzprosa und Begriffsdurcheinander nehmen wir die Zahlen:

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Klassikrente mit 5,5 Prozent Rendite (?)

Der „Focus“ präsentiert auf seiner Internetseite ein Musterbeispiel: Eine Frau, 30, spart 37 Jahre lang 100 Euro pro Monat. Ziel des Geldes sei eine klassische Rentenversicherung. Mit 67, so wird es berichtet, erhalte die Kundin knapp 145.000 Euro. Ein Entgelt von 500 Euro für den Honorarberater eingerechnet, entspräche dies finanzmathematisch einer Rendite von rund 5,5 Prozent. Bei einer Klassikrente? Im Jahr 2015 und mit den Zinserwartungen des Jahres 2015 hochgerechnet?

Zum Vergleich rechnet das Magazin die Ablaufleistung für einen (vergleichbaren?) Provisionstarif: Gut 130.000 Euro sollen am Ende zu Buche stehen; oder rund 15.000 Euro weniger als bei der Nettopolice. Kurzum; den Unterschied machen die hier mit 4,0 Prozent der Beitragssumme angesetzten Abschlusskosten. Der Versicherungsbote hat dies mathematisch nachvollzogen: 100 Euro/Monat mal 37 Jahre = 44.400 Beitragssumme. 4% = 1.776 Abschlusskosten. Mathematisch stimmt das Modell.

Realistisch sind null Prozent Rendite

Nur erlösen Klassikrenten gemessen am Zinsniveau von Anleihen, dem Hauptbestandteil ihrer innewohnenden Kapitalanlagen, zurzeit exakt null Rendite. Weil die Kosten dieser Policen die Mindestverzinsung von 1,25 Prozent (Rechnungszins) mehr oder weniger egalisieren – je nach konkreter Laufzeit: Perspektivisch ist die Rendite von heute aus gesehen gleich null. Selbst wenn man mit dem jährlich fallenden Referenzzins (dem formalen Maßstab für die Zinszusatz-Reserve) der Lebensversicherer hochrechnet, kommen bei derzeit knapp 3,0 Prozent als Rechenwert erheblich geringere Ablaufleistungen für den Kunden heraus.

Das 3-Prozent-Modell

Monatlich 100 Euro bringen (brächten!) bei 3,0 Prozent Brutto-Zins und typischen Kosten nach 37 Jahren (dem „Focus“-Musterbeispiel) kaum 80.000 Euro Ablaufleistung, wenn man wiederum 500 Euro Beratungshonorar einrechnet. Mit 4,0 Prozent Abschlusskosten (1.776 Euro) kämen beim Provisionstarif fast 76.000 Euro heraus – viertausend Euro weniger als beim Honorarmodell. Diese Zahlen sind, falls man 3,0 Prozent Zins annimmt, wesentlich weniger spektakulär als die von „Focus“ - beziehungsweise dessen Quelle „Best Advice Private Vermögen“ - präsentierten Zahlen.

Kostenausweis unterschlagen

Die Autorin des Artikels, als sachlichen Bericht kann man ihn schon aufgrund der fehlerhaften Renditeansätze nicht bezeichnen, spricht derweilen verallgemeinernd von „versteckten“ Provisionen bei Sparversicherungen. Und dass „die Deutschen“ das Entgelt der Honorarberater für „Halsabschneiderei“ halten. Hinzu kommt der wenig differenzierte Umgang mit Fachbegriffen wie Vermögensverwaltung im Verhältnis zu einfachen 100-Euro-Sparverträgen. Ein Hinweis, dass Produktkosten - auch der hier besprochenen privaten Rentenversicherung - seit Jahren auszuweisen sind: Fehlt beim „Focus“.

Auch Vermögensverwalter fahren alle Kostenmodelle

Dass die „großen“ Vermögensverwalter alle möglichen Entgeltmodelle, von Gebühren, über Provisions- bis hin zu Mischmodellen „fahren“, dies wird in dem Magazinbericht nicht unterschieden. Stattdessen steht dort halbwahr zu lesen, das „Financial Planning Standard Board“ würde Honorarberater zertifizieren. Jein: Honorarberatern genügt eine Zulassung zum Beispiel nach Gewerbeordnung (§ 34 h). Auch braucht es - entgegen der im „Focus“ vermittelten Wahrnehmung - keinerlei Akademisierung der Finanzberatung. Dies speziell nicht für finanziell einfacher strukturierte Haushalte, die 100 Euro im Monat anlegen (?) bzw. sparen wollen, solange der Berater einfache finanzmathematische Berechnungen durchführen kann – und es auch tut.

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Gewissenhafte Makler rechnen sorgfältig

Viele Makler tun es; sie rechnen konkret: Kürzlich diskutierten in einer Facebook-Gruppe mehrere Versicherungsmakler über den besten finanzmathematischen Taschenrechner auf dem Markt, mit dem der Berater die Finanzen des Kunden möglichst optimal berechnen kann. In einem teils leidenschaftlich gehaltenen Diskurs stritten die Makler über Rechenwege, mit denen das Rendite-Ergebnis einer Kapitalanlage oder eines Sparvertrags für den Kunden möglichst korrekt ermittelt wird. Die Makler diskutierten außerdem über einfache Darstellungen ihrer in Handarbeit entstandenen Rechenwerke; damit der Kunde das gezeigte Ergebnis auch versteht.

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