Sogenannte Telematik-Tarife in der Kfz-Versicherung haben es in Deutschland schwer. Dabei zeichnet eine Black Box das Fahrverhalten des Autofahrers auf und belohnt eine vorsichtige Fahrweise mit Rabatten bei der Versicherungsprämie. Wenn der Autofahrer sanft bremst und ruckartige Lenkbewegungen vermeidet, wenn er sich immer an Geschwindigkeitsbegrenzungen hält und nicht riskant überholt, dann kann er auf saftige Ersparnisse hoffen. Doch Datenschützer schlagen Alarm: Rein theoretisch kann der „Spion im Auto“ sogar melden, wann sich ein Auto wo aufhält.

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Itzehoer will individuelle Kfz-Verträge mit Black-Box-Technik

Nun will auch die Itzehoer Versicherung mit Telematik-Tarifen durchstarten. Wie der Vorstandsvorsitzende Uwe Ludka am Montag bei der Bilanzpressekonferenz berichtet, testet die Versicherung derzeit ein Telematik-System, mit der Daten über die Fahrweise erfasst und übertragen werden können. Daraus sollen Verträge gewonnen werden, die auf das individuelle Fahrverhalten der Versicherungsnehmer maßgeschneidert sind. „Am Ende des Jahrzehnts wird der Autofahrer den Tarif bestimmen“, blickt Ludka voraus.

Für die Black-Box-Technik konnte man mit der Deutschen Telekom einen namhaften Partner gewinnen. Das tragbare Gerät sei kaum größer als eine Streichholzschachtel und registriere per GPS kontinuierlich den Standort des Autos und die dazugehörigen Fahrdaten. Aus dem individuellen Fahrverhalten wird dann eine Punktesystem errechnet: 0 Punkte für eine weniger vorsichtige und 100 Punkte für eine sehr zurückhaltende Fahrweise. „Günstige Tarife für vorsichtige Fahrer“, verspricht Ludka.

Bis Kunden entsprechende Verträge bei der Itzehoer abschließen können, wird es aber noch dauern. Aktuell sind 300 Testfahrzeuge mit Geräten bestückt, eine zweite Testphase soll bis Ende 2016 erfolgen. Erst danach sind die "Pay as you drive"-Tarife zur Marktfähigkeit gereift.

Datenschützer sehen Telematik-Tarife mit Skepsis

Die Möglichkeit der ständigen Datenerhebung ist auch die Achillesferse dieser Technik. Verbraucherschützer fürchten den „gläsernen Autofahrer“, der unbewusst hochsensible Daten von sich Preis gibt. Die deutschen Kunden sind skeptisch, die Angebote rar gesät. Entsprechende Tarife gibt es auf dem heimischen Markt bisher nur bei der Sparkassen Direktversicherung, der Signal-Iduna-Tochter Sijox sowie einer Tochter der US-Versicherungsriesen AIG.

Tatsächlich kann die Black Box eine beachtliche Datenmenge erfassen. Fahrtempo und Spurverhalten, Bremsstärke und Beschleunigung, Gleichmäßigkeit des Fahrens. Rein theoretisch erlaubt die Auswertung des Fahrverhaltens auch Rückschlüsse auf die emotionale Verfasstheit einer Person: Etwa, ob sie in Stresssituationen zu einer aggressiveren Fahrweise neigt. Will man diese Informationen wirklich aus der Hand geben? Soll die Versicherung wissen, wo ich am Tag gewesen bin, ob ich immer die Verkehrsregeln eingehalten habe, wann ich zu Unvorsichtigkeit neigte?

Die Möglichkeiten zum Datenmissbrauch sind enorm. Und noch immer ist ungeklärt, wer die erhobenen Daten überhaupt nutzen darf, wie Experten auf einem Kongress des Goslar-Institutes warnen. Aus den gesammelten Daten lassen sich genaue Verhaltens- und Bewegungsprofile des Fahrers erstellen. Viele Unternehmen haben daran ein Interesse: Neben Versicherungen auch Autowerkstätten, Fahrzeughersteller, Gesundheitsdienstleister. Vielleicht sogar der eigene Arbeitgeber? ADAC-Vizepräsident Ulrich Klaus Becker spitzt zu: „Ein moderner Golf sammelt heute fast schon mehr Informationen als ein Raumschiff“.

Itzehoer kooperiert mit Datenschutzbeauftragten von Schleswig-Holstein

Auch der Itzehoer Versicherung sind derartige Kritikpunkte bekannt. Übermittelt werden nicht alle Daten, beschwichtigt Vorstand Ludka – etwa soll der konkrete Standort nur bei einem Notruf erfasst werden. Zu einer Beiratssitzung im Mai habe man Thilo Weichert, den Landes-Datenschutzbeauftragten von Schleswig-Holstein eingeladen, um das sensible Thema Datenschutz abzustimmen.

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Bei der Bilanzpressekonferenz gab die Itzehoer auch ihre Ergebnisse für das Geschäftsjahr 2014 bekannt. Und die gestalten sich sehr positiv. Der Verein auf Gegenseitigkeit hat seine Beitragseinnahmen 2014 um knapp sieben Prozent auf 381,3 Millionen Euro steigern können. Auch die Zahl der Mitarbeiter ist um 19 auf nun 642 gewachsen. Den größten Anteil am Wachstum habe relativ und absolut der Maklervertrieb gehabt.

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