Risiko-Lebensversicherer tragen die Beweislast, wenn sie ihrem Kunden vertragswidriges Verhalten unterstellen. Der BGH bestätigte jetzt ein entsprechendes, vorhergehendes Urteil des OLG Düsseldorf. Die Witwe eines Versicherungsnehmers aus Brühl (NRW) klagte auf Auszahlung der Risiko-Lebensversicherung ihres Ehemannes. Unmittelbar nach Vertragsabschluss im August 2000 wurde bei ihrem Ehemann Hautkrebs diagnostiziert. Schon neun Jahre danach starb der Mann im Alter von nur 52 Jahren.

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Verhältnis Lebensversicherung und Kunde nachhaltig verändert

Die beklagte „Dialog Lebensversicherung“ (Augsburg) versäumte es nicht, dem Mann arglistige Täuschung zu unterstellen, er habe bereits vor Vertragsabschluss von seiner Erkrankung gewusst. Nachweisen aber konnte das die Versicherung nicht und muss jetzt knapp 200.000 Euro an die Witwe auszahlen. „Diese Entscheidung wird das Verhältnis von Lebensversicherungen und Kunden nachhaltig prägen“, erklärt Klägeranwalt Marc K. Veit aus Leverkusen.

Die für die Witwe so erfreuliche Entscheidung fiel nach sechs Jahren Rechtsstreit. Die Dialog Lebensversicherungs-AG muss nun an die Witwe des Kunden die stattliche Summe zahlen, die ihr nach dem im Jahr 2009 in Folge von Hautkrebs eingetretenen Tod ihres Ehemann durch dessen Abschluss einer Lebensversicherung zusteht. Das teilte der Bundesgerichtshof (BGH) am 13. April schriftlich mit. Damit wies es eine Nichtzulassungsbeschwerde der Versicherung gegen das vorhergehende Urteil des Oberlandesgerichtes (OLG) Düsseldorf vom 23. September 2014 zurück.

Die Dialog Lebensversicherung hatte die Auszahlung seit 2009 indessen verweigert – und berief sich auf eine vermeintliche arglistige Täuschung des Verstorbenen: Der damals 43-jährige Mann aus Brühl, von Beruf selbst Versicherungskaufmann, schickte seinen Antrag auf Abschluss des Lebensversicherungsvertrages fünf Tage vor einem Arzttermin am 16. August 2000 ab. Zu diesem Zeitpunkt habe der Antragsteller eine ernsthafte Vor-Erkrankung zumindest nicht mehr ausschließen können, behauptete die Versicherung. Denn bei diesem Arzttermin wurde ihm eine Gewebeprobe entnommen, die sich später als tödlicher Hautkrebs herausstellte. Es wäre demnach die Pflicht des Mannes gewesen, bei den obligatorischen Gesundheitsfragen eine Erkrankung anzugeben. Die Unterlassung jener Angabe habe die „Grundparameter dahingehend verändert, dass es nicht zu einem sofortigen Vertragsabschluss gekommen wäre“, erklärten die Vertreter des Versicherungsunternehmens.

Nahender Tod darf im Fragenkatalog nicht verschwiegen werden

Die Ehefrau des Verstorbenen meint jedoch, dass ihr Mann bei diesem Arzttermin nur von einer unbedeutenden Hautveränderung und nicht von einer Krebserkrankung ausgegangen sei. Von einer Bedrohung seiner Gesundheit oder von einer Erkrankung sei er deshalb nicht ausgegangen, als er die Gesundheitsfragen der Versicherung beantwortete. Nachdem man ihm die Diagnose sechs Tage später mitteilte, habe ihr Mann die Dialog Lebensversicherung bereits am übernächsten Tag in einem Schreiben über den bei ihm diagnostizierten Hautkrebs informiert. Damit war er seiner Anzeigepflicht in vorbildlicher Weise nachgekommen. Die Versicherung bestreitet allerdings, jemals ein solches Schreiben erhalten zu haben. „Im Kern lag damit ein Beweislast-Problem vor. Gerichtlich zu klären war: Muss die Witwe beweisen, dass ihr Mann seinen Pflichten nachgekommen ist – oder muss die Dialog Lebensversicherung beweisen, dass ihr Kunde vertragswidrig gehandelt hat“, fasst Klägeranwalt Marc K. Veit (Leverkusen) zusammen. Ein solcher Brief sollte darum immer per Einschreiben versandt werden.

Nicht gewusst heißt nicht: bewusst falsch

In erster Instanz vor dem Landgericht (LG) Düsseldorf gab man der Versicherung im Januar 2013 Recht, da der Verstorbene objektiv falsche Angaben zu seinem Gesundheitszustand gemacht habe. Dass er womöglich wirklich nichts von seiner Erkrankung gewusst hat, spielte für das Landgericht damals keine entscheidende Rolle.

Die Richter des OLG Düsseldorf folgten dieser Argumentation des LG Düsseldorf nicht. Mit Verweis auf die Angaben der Witwe entschieden sie, dass die Beweiserbringungspflicht nicht beim Versicherungsnehmer, sondern vielmehr bei der Versicherung zu liegen habe. Wenn die Versicherung dem Kunden schon arglistiges Verhalten vorwirft, dann müsse sie es wenigstens beweisen. Da die Dialog Lebensversicherung diesen Beweis jedoch nicht zweifelsfrei erbringen konnte, konnte der Klage der Witwe vor dem OLG stattgegeben werden. Dagegen reagierte die Dialog Lebensversicherung umgehend mit einer Nichtzulassungsbeschwerde vor dem BGH, auch diese wurde jetzt zurückgewiesen. Im Fazit muss die Versicherung nun die ursprüngliche Summe von 153.000 Euro nebst Zinsen seit 2009 an die Witwe auszahlen – das ergibt den erklecklichen Betrag von mittlerweile fast 200.000 Euro. „Diese verbraucherfreundliche Entscheidung stärkt die Rechte von Versicherungskunden und schränkt die Möglichkeiten der Versicherer deutlich ein, sich aus ihrer Leistungspflicht zu befreien“, resümiert Rechtsanwalt Marc K. Veit.

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