Junge Versicherungsmakler, die expandieren wollen, stellen sich im Kern zwei Fragen: Wie viel darf ein Maklerbestand kosten; und welcher Makler-Senior kurz vor dem Ruhestand ist verkaufsbereit? Die Antwort darauf ist für den Jungmakler schwierig und guter Rat teuer. Wie teuer es werden kann, wenn Makler zu überhöhten Preisen kaufen, schildert ein Profi gegenüber Versicherungsbote. Matthias Glesel ist als Geschäftsführer - unter anderem - der Berliner CompacTeam GmbH & Co. KG ein Profi in der Bewertung und im Kauf von Maklerbeständen.

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„Bestände wie Sauerbier angeboten“

Glesel schildert eine Erfahrung mit Berater Suchoweew: „Wir haben von Herrn Suchoweew einen Bestand in Berlin angeboten bekommen, über den wir mehr Erkenntnisse hatten, als der Anbieter. Vorab bezahlt haben wir nichts. Dieser Bestand ist, wie uns inzwischen bekannt ist, deutschlandweit wie Sauerbier angeboten worden. Vor uns auch anderen zum Preis von 300.000 Euro, unserem Haus für lediglich 200.000 Euro. Der reale Wert liegt aus unserer Sicht bei etwa 80.000 Euro“.

Vermittler Thomas Suchoweew kommentiert gegenüber Versicherungsbote: „Die Verkaufsverhandlungen werden häufig von den jeweils beauftragten Vermittlern moderiert, da oft zu Beginn der Verhandlungen die Vorstellungen weit auseinander liegen. Den Vorwurf, es würden „von uns“ Bestände für das doppelte des „Wertes“ angeboten, können wir nicht nachvollziehen.“

1.500 Euro zum Einstieg

Glesel sagt, „vorab bezahlt haben wir nichts“. Hinzuzufügen ist: Im Gegensatz zu anderen, weniger versierten Maklern, wenn es um den Kauf eines Bestands geht. Der Karlsruher Versicherungsmakler Tino Scraback von der Ruff AG ist ebenfalls versiert und kann Bestände bewerten, weil er bereits mehrere gekauft hat. Scraback hat Thomas Suchoweew beauftragt, für ihn Maklerbestände zu suchen. „Aber vor das Angebot eines zu kaufenden Bestands hat Suchoweew 1.500 Euro Kosten gestellt. Er wollte erst meine Bestandsstruktur analysieren“, sagt Scraback zu Versicherungsbote.

Suchoweew dazu in seiner Stellungnahme: „Bei den in Rechnung gestellten Honoraren orientieren wir uns an den Empfehlungen des BDU und bewegen uns auch hier im unteren Bereich der Honorarsätze.“

„Nichtssagende Tabelle“

„Nicht weil ich diese Analyse für nötig hielt, sondern weil es aus meiner Sicht scheinbar Bedingung für Kaufangebote interessanter Bestände war, habe ich die 1.500 Euro investiert“. Dieses Honorar sollte mit einer späteren Verkaufsprovision verrechnet werden, berichtet Scraback. Dessen Aussage deckt sich auch mit einem schriftlich zwischen Scraback und Suchoweew vereinbarten Auftrag, der der Redaktion vorliegt. Was für 1.500 Euro plus Umsatzsteuer entstand, bezeichnet Makler Scraback in Teilen als „absolut nichtssagende Tabelle“


Der oben abgebildete Auszug aus dem „Anforderungsprofil“ zeigt in einer To-do-Liste nach „Überprüfung Anforderungsprofil“ eine zweite Position: „Ansprache Zielunternehmen“. Dazu ist es im Effekt nach Berichten Scrabacks aber nicht gekommen, obwohl Makler Scraback nach eigener Aussage „Bestände im Umfeld von 200 Kilometern, bei einem Großbestand gar bundesweit kaufen wollte“. Schließlich behauptet Vermittler Suchoweew: "Niemand hat mehr Bestände"; so jedenfalls gibt Tino Scraback Aussagen Suchoweews wieder.

Vier Wochen ohne Nachricht

Weiter berichtet der Makler: „Vier Wochen nach der Analyse für 1.500 Euro bin ich ohne Nachricht von Thomas Suchoweew geblieben“, obwohl dieser seine Kontaktaufnahme zu einer Ziel-Firma zugesagt habe. Zuvor schöpfte Scraback noch Hoffnung auf einen Bestandskauf, sagt er. Immerhin habe Vermittler Suchoweew ihm, Scraback, eine Liste mit 50 Maklerfirmen/-beständen präsentiert, die angeblich zum Verkauf ständen. Eine Liste zur Ansicht mit Klarnamen der zu kaufenden Firmen; eine andere Liste war ein anonymisiertes Dokument ohne Verkäufernamen, berichtet Makler Scraback.

Kein Angebot erhalten

Auch nach Reklamation bei Suchoweew sei Scraback ohne Nachricht geblieben: „Kein Angebot, keine Nennung eines Ziel-Unternehmens. Auch keinerlei Erörterung, warum kein Unternehmen der Verkaufsliste für einen Kauf infrage käme“, bilanziert Scraback seine ersten Erfahrungen mit seinem Bestandsvermittler. Auf Nachfrage bei Suchoweew habe dieser gesagt: „in ihrem Suchgebiet gibt es gerade keinen Bestand“. Trotz - laut erhaltener Liste - 50 zu verkaufender Firmen am Markt kein Angebote? Das wunderte Tino Scraback schon, zumal sein Kaufradius 200 Kilometer groß und dies Berater Suchoweew vorher bekannt war, merkt der Makler an.

Thomas Suchoweew sagt dazu gegenüber Versicherungsbote: „Wir präsentieren auch den Verkäufern die potenziellen Käufer mit einer Beschreibung, in welcher Region sie tätig sind, welches Geschäftsmodell sie verfolgen, wie groß bzw. wie finanzstark das Unternehmen ist, wie lange und mit welchem Erfolg das Unternehmen am Markt ist und einige weitere Details des Unternehmens. Dann entscheidet das verkaufswillige Unternehmen, mit welchen unserer Käufer verhandelt werden soll (…). Insofern entscheiden die Verkäufer, mit wem sie verhandeln.“

Verkaufsauftrag fraglich…

Immerhin, in Kenntnis des Namens eines Zielunternehmens von der Klarnamen-Liste hat Scraback dann hilfsweise dort einfach selbst angefragt. „Hilfsweise“ erfolgte die Anfrage deshalb, weil Suchoweew zwischen dem angeblichen Verkäufer und Scraback keinen Kontakt herstellte. So berichtet es jedenfalls Scraback gegenüber Versicherungsbote. Und weiter: „Das betreffende Ziel-Unternehmen wusste aber nichts von einem Verkaufsauftrag“ an Suchoweew, erfuhr der kaufwillige Tino Scraback dessen eigenen Angaben zufolge von dem Zielunternehmen, dass nun keines mehr war.

…nur ein Telefonkontakt

Das vormals angeblich verkaufswillige Unternehmen „bestätigte lediglich einen weiter zurückliegenden Telefonkontakt“, sagt Scraback, „aber keinen Verkaufsauftrag an Suchoweew“. Tino Scrabacks Eindruck vom Geschäftsmodell des Thomas Suchoweew: „Es geht ihm aus meiner Sicht wohl lediglich um das Beratungshonorar von 1.500 Euro netto für das so genannte „Anforderungsprofil“. Denn nach der Aufnahme der Analyse meldete er sich nicht mehr“, dies hätten ihm, Scraback, auch andere Makler über ihre Wahrnehmungen zu Thomas Suchoweew berichtet.

Thomas Suchoweew widerspricht:

In einer Stellungnahme für Versicherungsbote schreibt Thomas Suchoweew: „Wir verfügen auch hier über ein Netzwerk von Vermittlern, die uns Bestände/Maklerunternehmen zum Verkauf an unsere Kaufinteressenten anbieten. Deshalb ist es nicht zwingend, dass wir einen Verkaufsauftrag mit den einzelnen zu verkaufenden Unternehmen haben. Die direkte Kontaktaufnahme war somit weder von uns legitimiert noch den Verkaufsverhandlungen zuträglich.“

Hierzu steht die Frage im Raum: Wenn Suchoweew (laut Makler Scrabacks Bericht) als Vermittler keinen Kontakt zum Ziel-Unternehmen aufnimmt - wie soll der kaufwillige Makler dann in Verkaufsverhandlungen kommen?

Auch Makler Gaspar hörte nichts

Unabhängig von Tino Scraback berichtet auch der Münchener Versicherungsmakler Philipp Gaspar dem Versicherungsboten. Auch Gaspar suchte im vergangenen Jahr Bestände im Umkreis von 200 Kilometern rund um die bayerische Metropole. Auch Gaspar hat 1.500 Euro für eine Analyse an Suchoweew bezahlt. Auch Philipp Gaspar machte ähnliche Erfahrungen wie zuvor von Makler Scraback berichtet. Nach der Analyse ging „ein weiterer Monat ins Land und ich hörte nichts“, schreibt Gaspar.

Kein Termin trotz Kaufinteresse

Weiter teilt Gaspar mit, er sein dann selbst zufällig in der XING-Gruppe Suchoweews auf einen alten Post von Ende 2013 gestoßen, „wo eine GmbH im Raum Augsburg zum Verkauf stand“. Nach Unterzeichnung einer Verschwiegenheitserklärung habe Gaspar von Suchoweew eine Betriebswirtschaftliche Auswertung bekommen und ein kurzes Expose der GmbH.

Gaspar habe, da kaufinteressiert, Suchoweew sodann gebeten, „einen gemeinsamen Termin mit dem Verkäufer zu vereinbaren (…) nach meinen Urlaub hörte ich nichts, so rief ich Herrn Suchoweew erneut an und hörte (…) nach einigen Umschweifungen und Erklärungen, dass der Bestand nicht zu empfehlen sei, da zu teuer. Ich hatte das Gefühl, das seitens Herrn Suchoweew gar kein Interesse bestand, einen Termin einzufädeln“. Soweit die Schilderungen von Makler Philipp Gaspar.

Was ist marktüblich beim Bestandskauf?

Dr. Peter Schmidt aus dem Raum Berlin berät und vermittelt auch Bestandskäufe. Auf seiner Plattform für Makler können interessierte Käufer oder Verkäufer für knapp 40 Euro eine Anzeige schalten oder für 50 Euro eine erste Online-Bewertung ihres zu verkaufenden Bestands anfordern. Andere Vorkosten entstehen nach Schmidts Aussage gegenüber Versicherungsbote nicht.

Ausführliche Bestandsbewertungen im Auftrag von Käufern oder Verkäufern sind aufwendiger, sagt er. Die Preise für diese umfassende Expertise beginnen wie bei 1.500 Euro netto beim Kleinunternehmen und steigen mit der Bestands- bzw. Firmengröße. Allerdings könne man diese 20-seitige Expertise Schmidts durchaus mit einem Due-Dilligence-Bericht gleichsetzen, also einer echten Buchprüfung.

Bestandsverkauf dauert

Generell merkt Suchoweew in seiner Stellungnahme an, „dass nach unserer Erfahrung der Kauf eines Bestandes/Maklerunternehmens ein langwieriger Prozess ist und viele Verhandlungen nötig sind, bis es zu einem Verkaufsabschluss kommt. Dies ist nicht zuletzt einer seriösen Abwicklung geschuldet. Unserer Einschätzung nach sind Zeiten von bis zu zwei Jahren eher die Regel, als die Ausnahme.“ Vermittler Suchoweew bietet seine Dienste auch über sein „Advila-Netzwerk“ an und gegen 150 Euro Jahresgebühr seinen „Makler-Nachfolge-Club“. Dort gibt es auch Listen.

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Anmerkung: Thomas Suchoweew schreibt Versicherungsbote auch, dass die „als Kundenbeschwerden bezeichneten Vorwürfe von Postings innerhalb einer geschlossenen Facebook-Gruppe stammen“. Dazu merken der Autor und die Redaktion an, dass Versicherungsbote niemals die Vertraulichkeit einer geschlossenen Facebook-Gruppe brechen würde! Vielmehr - und umgekehrt - führten Hinweise kritischer Makler und ehemaliger Kunden Suchoweews von außerhalb Facebooks die Recherche auch(!) zu den Facebook-Gruppen. Sämtliche Aussagen der zitierten Personen sind gesondert autorisiert.

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