Die Bundesbürger geben immer mehr Daten von sich Preis – sei es über Smartphones, Navigationssysteme im Auto oder bei Facebook. Klaus Müller, Vorsitzender des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen (vzbv), warnt in einem Interview mit der Badischen Zeitung vor einer allzu leichtfertigen Weitergabe dieser Daten.

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“Es gibt keine harmlosen Daten“

In dem Gespräch wird Müller gefragt, wie er es fände, wenn sein Auto per Internet genauso mit dem Smartphone verbunden wäre wie mit anderen Autos und alle Daten aufgezeichnet werden. „Für drei Sekunden kommen da Phantasien von Bequemlichkeit und Sicherheit auf: Das Auto kommt alleine angefahren oder es kann im Verkehr mit den Autos hinter und vor mir kommunizieren“, sagte der frühere Umwelt- und Landwirtschaftsminister des Landes Schleswig-Holstein. „Aber nach diesen drei Sekunden stellen sich eine ganze Reihe von Fragen: Will ich, dass gespeichert wird, wo ich am Tag gewesen bin? Und ob ich mich wirklich immer an alle Verkehrsregeln gehalten habe? Habe ich da einen permanenten Blitzer auf der Schulter?“ Eine wichtige Frage sei, ob diese Daten zu einem Geschäftsmodell werden, wenn sie Kfz-Versicherungen für die Prämienberechnung verwenden.

Zwar habe man jetzt noch getrennte Datensammlungen von Anbietern, gibt Müller zu bedenken, aber schon in fünf Jahren könnte das anders sein. „Dann zahlen wir alles über unser Smartphone. Und das weiß dank des GPS-Chips, wo ich mich aufhalte, es speichert, welchen Zeitungsartikel ich im Netz gelesen habe. Mein Telefon kennt alle diese Daten, ein Server kennt sie und schließlich auch ein Unternehmen.“ Der Weiterverkauf und die Nutzung dieser Daten bedeutet für den Verbraucher ungeahnte Risiken. Schon jetzt würden sich Unternehmen mit Hilfe solcher Informationen etwa vorhersagen wollen, ob ein Kunde zukünftig noch liquide ist oder vom Lastschriftverfahren ausgeschlossen werden sollte. Müllers Fazit: „Es gibt keine harmlosen Daten. Die Frage ist immer: Wer kennt sie, wer kann damit etwas anfangen?“

Mehr Selbstbestimmung für Verbraucher gefordert

Der Chef der Verbraucherzentralen fordert ein Gesetzeswerk, das den Datenschutz für Deutschland und in Europa regelt. Ein erster Schritt hierbei sei der in dieser Legislaturperiode eingesetzte Internetausschuss. „Wir brauchen mehr Selbstbestimmung der VerbraucherInnen und Verbraucher“, fordert Müller in der Badischen Zeitung.

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Dass es hierbei noch Defizite gibt, zeigte nicht zuletzt der NSA-Skandal. Auch technische Neuerungen wie Telematik-Tarife in der Kfz-Versicherung und Krankenversicherungen, bei denen mittels Telemonitoring permanent Gesundheitsdaten gemessen werden, heizen die Debatte über einen möglichen Datenmissbrauch an.

Badische Zeitung

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