Daraus folgt nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, dass der Eingriffszweck und die Eingriffsintensität in einem angemessenen Verhältnis zu stehen hat. Dieser verfassungsrechtliche Grundsatz wäre hier nicht mehr gewahrt. Nach Art 12 ist für Unternehmer zudem auch die Freiheit geschützt, ein (angemessenes) Entgelt für ihre Leistungen selbst festzusetzen, so wie dies bei den Kalkulationen von Kaufleuten und Handwerkern auch nicht anders vorstellbar ist. Auch dies wurde durch das BVerfG schon mehrfach entschieden, wird aber bislang bei allen Diskussionen völlig ausgeblendet. Mit der Einführung flächendeckender Nettotarife würde dieses Grundrecht endlich auch im Versicherungssektor Wirklichkeit!

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Eine allgemein gültige Berufsordnung für Versicherungsmakler, wie sie einer Ihrer Leser vorschlug, die dann aber auch neben Verpflichtungen der Versicherungswirtschaft gegenüber VersM auch eine Gebührenordnung, ähnlich denen der Rechtsanwälte und Steuerberater, enthält, stellt einen weiteren gangbaren Weg dar.

Da die Bundesbürger solchen Gebühren jedoch eher passiv gegenüber stehen, wäre eine steuerliche Begünstigung analog zu denen von haushaltsnahem Dienst- und Handwerkerleistungen im Sinne des § 35a EStG zu begrüßen. Zur Gegenfinanzierung sollten dann die Zuschüsse an die Verbraucherzentralen gekürzt werden, denn mit rund 75 Prozent subventionierter Versicherungsberatung und einem sich so ergebenden „wahren Stundensatz“ von über 400 Euro braucht kein Verbraucher wirklich. Nur rund 25 Prozent ihrer Kosten erwirtschaften Verbraucherzentralen selbst. Der Rest kommt aus öffentlichen Mitteln.

Weiterbildung für Versicherungsmakler: Zweifel an „gut beraten“

Auch sieht die IMD II definitiv eine verpflichtende Fortbildung für Versicherungsmakler vor. Wie glauben sie, wird das umzusetzen sein?

Die IGVM hegt begründete Zweifel, ob sich das Modell „gut beraten“ bei uns durchsetzen kann. Da die am häufigsten akkreditierten Unternehmen dieser Initiative Versicherer sind, sehen wir die durch den Entwurf der IMD II geforderte Neutralität und Unabhängigkeit dieser Bildungsanbieters nicht gewährleistet. Missbräuche sind vorgezeichnet, wie z. B. das WM-Fußballspiel der Deutschen Mannschaft: Für das gemeinsame Anschauen der Partie wurden durch einen Versicherer, Bildungspunkte vergeben und damit auch noch groß Werbung gemacht. Wie dumm muss man eigentlich sein, um Gegnern dieser Initiative eine solche Steilvorlage zu liefern.

Der für den Bildungsresort bei der IGVM verantwortliche Vorstand hat die Frage nach künftiger Pflichtfortbildung der Vermittler im November 2013 mit dem zu diesem Zeitpunkt im Bundeswirtschaftsministerium noch zuständigen Ministerialdirigenten, Ulrich Schönleiter, diskutiert. Danach sollen im BMWi Pläne vorliegen, wonach sich die Weiterbildung und Fortbildung von Vermittlern am jetzigen System der Fachanwälte orientieren soll. Wer sich für bestimmte Sparten bzw. Zweige gegenüber Mitbewerbern durch Fachtitel hervorheben will, muss dies durch den Nachweis besonderer Fachkunde unter Beweis stellen.

Um den Titel, z. B. „Fachberater für betriebliche Altersversorgung“, führen zu dürfen, bedarf es dann auch regelmäßiger Fortbildung in solchen Fachbereichen (z. B. 15 Stunden pro Kalenderjahr). Wird die nicht belegt, wird der Fachtitel wieder aberkannt. Dieses System ist gegenüber der Initiative „gut beraten“ zu bevorzugen – für gute Bildungsanbieter ist sie ein administratives Monster und führt deshalb auch zu steigenden Seminargebühren.

„Fortbildung ja, aber unabhängig und für Makler ohne Zwang und Vorgaben durch die Versicherungswirtschaft“

Durch einen Verhaltenskodex des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft sollen Makler zur Einhaltung bestimmter Pflichten gezwungen werden – Courtage für ihr vermitteltes Geschäft erhalten sie lediglich, wenn sie dem Versicherungsunternehmen diesen GDV-Verhaltenskodex unterschreiben. Welche Auswirkung hat der GDV-Kodex auf das Berufsbild der Makler?

Wir haben den GDV-Präsidenten, Herrn Dr. Alexander Erdland, bereits mit unserer Rechtsauffassung konfrontiert und ihn u. a. dazu aufgefordert, die Anwendung des Vertriebskodex auf Versicherungsvertreter einzuschränken. Denn Versicherungsmakler gehören nicht zur Versicherungswirtschaft und der GDV-Kodex sieht z. B. Verhaltensweisen vor, die ohnehin bereits durch Gesetze und Verordnungen vorgegeben sind, mit der Ausnahme der „Verpflichtung der Fortbildung“, die aber unweigerlich kommen wird. Die überwiegende Mehrheit der IGVM-Mitgliedsunternehmen spricht sich jedoch gegen die Initiative „gut beraten“ aus, sich bei der Anerkennung von eigenen Fortbildungsmaßnahmen dem Anerkenntnis der GDV gesteuerten Maßnahme zu unterwerfen.

Fortbildung ja, aber unabhängig und für Makler ohne Zwang und Vorgaben durch die Versicherungswirtschaft. Dafür setzen wir uns auf der politischen Bühne ein und verlangen eine unabhängige Stelle, wie bei Rechtsanwälten die Rechtsanwaltskammern. Für Versicherungsvermittler könnten dies die zuständigen IHKn der Länder oder besser noch könnte sie bundeseinheitlich beim DIHK in Bonn oder Berlin angesiedelt werden.

Die IGVM hat einen eigenen Kodex installiert. Wir haben mehrfach in unseren öffentlichen Statements darauf hingewiesen, dass eine über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehende freiwillige Selbstverpflichtung der Versicherungsmakler zu Problemen mit dem Berufshaftpflichtversicherer führen kann. Deshalb haben wir uns beim IGVM-Kodex an den gesetzlichen Bestimmungen orientiert, denn wir wollen unter allen Umständen vermeiden, dass unsere Mitgliedsunternehmen durch eine über die gesetzlichen Regelungen hinausgehende Verpflichtung nach Eintritt eines Versicherungsfalls Nachteile erleiden. Einige große Versicherer haben unseren IGVM-Verbandskodex als gleichwertig anerkannt und wir gehen davon aus, dass sich dieser Trend weiter fortsetzen wird.

Herr Glesel, herzlichen Dank für das Interview!

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Dieser Beitrag erschien als Titelstory im aktuellen Versicherungsbote Fachmagazin vom 28. Oktober 2014. Die nächste Ausgabe wird am 12. Mai veröffentlicht.

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