Mithin sei die Angabe einer Filialdirektion des Versicherers eine durchaus übliche Angabe von Kontaktdaten, die beim Kunden nicht den Eindruck erweckt, dass allein die angegebene Stelle für die Kundenbetreuung zuständig ist. So jedenfalls die Meinung des OLG Hamm (zum Urteil).

Anzeige

Dies ist aus meiner Sicht ein doch ganz erstaunliches Urteil, welches einerseits für Irritationen unter den Versicherungsmaklern führen dürfte, andererseits die Frage aufwirft, ob sich Versicherer und Versicherungsmakler fortan in einem Überschreibungs- bzw. Überklebungswettbewerb befinden. Von daher will ich nachfolgend auf einige besondere Umstände hinweisen, auch auf solche, die das OLG Hamm vielleicht gar nicht näher beleuchtet hat, aber hätte beleuchten sollen.

Bedeutender Unterschied im Zustellungsweg

Augenscheinlich ist es so, dass das OLG zuvorderst einen bedeutenden Unterschied darin sieht, auf welchem Wege Schreiben des Versicherers den Kunden erreichen. Im vorliegenden Fall ist es so, dass die Schreiben des Versicherers dem Versicherungsmakler (nachfolgend kurz Makler) zugestellt wurden, welcher die Schreiben dann an seine Kunden weiterleiten sollte.

Das Gericht geht augenscheinlich davon aus, da ja der Makler die Schreiben an die Kunden weiterleitet, für die Kunden ersichtlich ist, dass eben der Makler der Betreuer des Kunden ist. Anders jedoch, wenn die Schreiben des Versicherers direkt an die Kunden gehen. Im Umkehrschluss ist anzunehmen, dass es das OLG in diesen Fällen für erforderlich ansieht, dass der Makler in den Schreiben des Versicherers als Betreuer genannt ist.

Die Sicht des OLG Hamm

Das OLG stellt fest, dass die Angabe der Filialdirektion des Versicherers als Betreuer bei objektiver Betrachtung vorrangig dazu dient, die angeschriebenen Versicherungsnehmer dazu zu veranlassen, sich bei Beratungsbedarf im Zusammenhang mit der jeweils abgeschlossenen Versicherung mit dem Versicherer in Verbindung zu setzen und die Beratungsleistungen des Versicherers in Anspruch zu nehmen. Dies könne der Versicherer etwa dazu nutzen, den Kunden eine Erweiterung ihres Versicherungsschutzes anzubieten. Auf diese Weise solle sehr wohl die geschäftliche Entscheidung der Verbraucher beeinflusst und dadurch der Absatz der Produkte bzw. Dienstleistungen des Versicherers gefördert werden.

Die dadurch vorliegende geschäftliche Handlung ist nach Meinung des OLG Hamm jedoch nicht unlauter, denn eine Irreführung der angeschriebenen Kunden läge nicht vor, da die Angabe der jeweiligen regionalen Filialdirektion und der Rufnummer des Kundenservices des Versicherers unter den Überschriften „Es betreut Sie“ und „Ihr zentraler Kundenservice“ in den Schreiben von den Adressaten nicht dahin verstanden werden würde, dass für ihre Beratung bzw. Betreuung allein die genannten Stellen des Versicherers zuständig wären. Vielmehr handele es sich um eine durchaus übliche Angabe von Kontaktdaten.

Der Umkehrschluss aus der Sicht des OLG Hamm und der Überklebungswettkampf

Wie vorstehend schon beschrieben erfolgte die Zustellung der Schreiben des Versicherers an die Kunden über den Makler. Der Makler hat im vorliegenden Fall also die Schreiben zuerst in seinem Hause. Aus meiner Sicht müsste es dem Makler nun seinerseits gestattet sein die Schreiben im Bereich "Es betreut Sie" mit seinen Daten zu überdrucken / zu überkleben. Mich würde interessieren, ob betroffene Versicherer sodann einen Prozess gegen diese Vorgehensweise des Maklers gewinnen würden. Dürften sie nach dem Urteil des OLG Hamm m.E. aber nicht, denn letztlich muss für den Makler dasselbe Recht auf Wettbewerb gelten wie für den Versicherer.

Der Unterschied zwischen Betreuer und Vertragspartner

Das OLG Hamm stellte fest, dass der Policeneindruck lautet (Zitat): "Es betreut Sie" sodann folgt "Ihr zentraler Kundenservice" (es folgt die jeweilige Anschrift der regionalen Filialdirektion des Versicherers). Dazu führt das OLG dann fortfolgend aus, dass selbst dann, wenn man annehmen würde, dass der Versicherer mit den in Rede stehenden Angaben Kunden des Maklers abzuwerben versucht, kein Verstoß gegen UWG vorliegen würde. Denn ein Abwerben von Kunden, also das Einbrechen in fremde Vertragsbeziehungen, würde erst durch das Hinzutreten besonderer Umstände unlauter. Als ein solcher besonderer Umstand wäre anzusehen, wenn das Abwerben von Kunden mittels irreführender Angaben geschieht. Eine solche Irreführung läge jedoch nicht vor. Genau hier beginnen m.E. jedoch die Irrungen des OLG Hamm selbst.

In der Regel hat der Kunde mittels Maklervertrag und Maklervollmacht ganz eindeutig den Makler und nicht etwa den Versicherer als seinen Betreuer festgelegt. Der Versicherer ist sodann Vertragspartner für den Versicherungsschutz und damit in Zusammenhang stehende Abwicklungsarbeiten wie z.B. Schadenregulierung und Beitragseinzug. Wenn der Versicherer durch Maklervermittlung des Versicherungsvertrages oder Betreuungsübernahme des Versicherungsvertrages durch einen Makler jedoch fortan lediglich noch Vertragspartner ist, so ist der Versicherer eben als „Vertragspartner“ und nicht etwa als „Betreuer“ zu bezeichnen. Dies behindert den Kunden auch nicht, denn dieser könnte sich sowohl an den Vertragspartner, wie auch an den Betreuer (unter jeweils richtiger Bezeichnung!) wenden.

Daraus folgt auch, dass eine Filialdirektion gerade nicht Vertragspartner sein kann, sondern vielmehr nur der Versicherer selbst. Mithin wäre unter Vertragspartner die Hauptverwaltungsstelle des Versicherers zu benennen.

Anzeige

Es ist aus vorgenannten Gründen m.E. also sehr wohl eine irreführende Angabe, wenn die Filialdirektion als „Betreuer“ des Vertrages genannt wird. Folglich ist es m.E. auch unerheblich, ob der Versicherer die Schreiben dem Makler zustellt oder den Kunden direkt.

Gastautor: Udo Rummelt

Anzeige