Das Image der Versicherungswirtschaft hat aufgrund mehrerer Skandale gelitten. Seien es Sex-Reisen für erfolgreiche Vertriebsmitarbeiter, falsch berechnete Riester-Verträge oder astronomisch hohe Provisionen für Krankenversicherungen: Nicht immer vermittelte die Branche in den letzten Jahren das glaubhafte Bild, auf der Seite des Kunden zu stehen.

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Abhilfe soll ein überarbeiteter Verhaltenskodex schaffen, dem sich unter Federführung des GDV fast alle deutschen Versicherer angeschlossen haben. Doch mittlerweile zeigt sich, dass dieser Kodex weitestgehend unter Aussparung der Maklerschaft geplant und umgesetzt wurde. Versuchen Versicherungen gar, über Courtagevereinbarungen ihre Pflichten aus dem Kodex auf Makler abzuwälzen? Dies wäre auch juristisch fragwürdig, sind doch Versicherungsmakler die Sachverwalter ihres Kunden, nicht der Unternehmen.

R+V kündigt Courtagevereinbarung

Aktuelles Beispiel ist eine Auseinandersetzung zwischen dem Versicherungsmakler Mathias Helberg und der R+V Versicherung. Das Problem: Makler werden im Courtagenachtrag der R+V neuerdings dazu verpflichtet, von ihren Kunden eine unterzeichnete Maklervollmacht einzuholen und auf Anforderung dem Versicherer zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus sollen die Vermittler gewährleisten, dass die Datenschutzrichtlinien des sogenannten „Code of Conduct“ eingehalten werden. Es handelt sich um eine Selbstverpflichtung der Versicherungen – nun sollen Makler dafür haftbar gemacht werden?

“Es sind immer noch unsere Kunden, die entscheiden, wann sie wen bevollmächtigen“, kommentierte Helberg auf seiner Webseite – und widersprach dem Nachtrag. Die Reaktion der R+V fiel unerbittlich aus. Mit einem Schreiben vom 23.12. wurde Helberg die seit 2004 bestehende Courtagezusage mit sofortiger Wirkung widerrufen. Auch hat die R+V ihn aufgefordert, die bestehenden Verträge bis zum 31.12.2015 zu kündigen (Lebens- und Krankenversicherungen bleiben unberührt).

Zwar nannte die R+V keine konkreten Gründe, warum sie die Zusammenarbeit mit Helberg beenden will. Ein Zusammenhang mit seinem Widerspruch ist jedoch sehr wahrscheinlich, da der Versicherer keine anderen Ursachen transparent kommunizieren konnte.

Offener Brief des IGVM: „Nach Gutsherrenart“

Die Härte der Reaktion ist wiederum Anlass für die Interessengemeinschaft Deutscher Versicherungsmakler (IGVM), sich in dem Konflikt zu positionieren. „Dass hier nach Gutsherrenart verfahren wird ist sehr bedenklich, insbesondere im Hinblick auf die Normen des Verhaltenskodes des GDV, welchem Ihr Unternehmen beigetreten ist“, schreibt Michael Otto, 2. Stellvertretender Vorsitzender des Maklervereins, in einem offenen Brief an den R+V-Vorstand Dr. Norbert Rollinger.

Heftige Kritik erntet vor allem die Aufforderung, bestehende Verträge zum Nachteil des Kunden zu kündigen. „Die Kunden eines Versicherungsmaklers in eine derartige Auseinandersetzung einzubeziehen, ist nicht zu entschuldigen“, kommentiert Otto.

Im Fachmagazin "Versicherungstip" habe R+V-Vorstand Kallerhoff am 20.01. noch betont, oberstes Ziel der R+V sei die Sicherstellung des „größtmöglichen Interesses des Kunden“. Nun soll Verbrauchern gekündigt werden, weil es Konflikte mit ihrem Makler gibt? Hier sieht der IGVM-Vorstand einen deutlichen Widerspruch. "Wir müssen aus diesen Gegensätzen den Schluss ziehen, dass es der R+V an der ernsthaften Umsetzung des Verhaltenskodex mangelt und nicht der Kunde im Mittelpunkt des Wirkens steht, sondern ausschließlich das Gesellschaftsinteresse“, heißt es in dem Brief.

Die Unverfrorenheit gipfele in dem Hinweis, bei Nichtbefolgung der Aufforderung das Courtagekonto von Helberg zum 31.12.2015 zu schließen, die Verträge in den Direktbestand zu übernehmen bzw. von Seiten der R+V zu kündigen und nach diesem Zeitpunkt keine Courtagezahlungen mehr zu leisten. Der Maklerverband fordert die R+V daher auf, die „Vorgehensweise gegen die Kundeninteressen unseres Verbandsmitglieds zu überdenken“ und „deren Stornierung anzuorden“.

IGVM kritisiert Verhaltenskodex des GDV

Der IGVM hat den Verhaltenskodex des Versicherungs-Dachverbandes bereits mehrfach kritisiert und einen eigenen Kodex für Makler veröffentlicht. Im Wesentlichen geht es darum, auch dem ungebundenen Status der Makler Rechnung zu tragen. Zusätzlich ernten die fehlenden Sanktionsmöglichkeiten der GDV-Regeln Kritik.

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Ein solcher Kodex mache „nur dann wirklich Sinn, wenn Verstöße gegen die Verhaltensregeln auch angemessen geahndet werden“, argumentiert der stellvertretende Vorsitzende Wilfried E. Simon. Deshalb werde der IGVM-Vorstand die Einführung einer Rechtsordnung mit einem Sanktionskatalog diskutieren und eine verbandseigene Schlichtungsstelle vorschlagen.

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