„Die Politik sollte ernsthaft darüber nachdenken, die feste Altersgrenze für die Beendigung des Arbeitslebens vollständig aufzuheben und gegenüber dem Arbeitgeber einen Rechtsanspruch auf Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses zu gleichen Bedingungen zu ermöglichen", schreibt Sinn.

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Rente mit 63 ein "Flop"

Die Rente mit 63 hingegen sei laut Sinn volkswirtschaftlich gesehen ein Flop. Diese Sicht vertrat auch der Freiburger Ökonom und Wirtschaftsweise Lars Feld kürzlich in der F.A.S.: „Wegen der Kosten der Frühverrentung werden künftige Rentensteigerungen niedriger ausfallen.“ Es könnte zu einer Umverteilung von unten nach oben kommen. Diese Umverteilung werde insbesondere die Bezieher kleiner Renten betreffen. Die Rente mit 63 sei daher „sozial ungerecht“, außerdem habe man die Kosten für das Projekt deutlich unterschätzt.

Sinn, ebenfalls Wirtschaftsweiser, sieht in einem abgeschafften Renteneintrittsalter hingegen die Chance, dass ältere Facharbeiter länger arbeiten. Wer diese Option wähle, erhalte seine Rente später.

Flexiblere Gestaltung des Renteneintrittsalters biete Chancen

Sinn argumentiert insgesamt für eine flexiblere Gestaltung des Renteneintrittsalters. Das müsse eine Rente mit 63 oder 64 für einige Arbeitnehmer nicht ausschließen: „Man könnte durchaus eine Rente mit 63 oder 64 Jahren erlauben. Nur müssten die Rentenabschläge versicherungsmathematisch korrekt berechnet werden, damit der frühere Austritt den Staat kein Geld kostet. Dazu müsste man für jedes Jahr, das ein Arbeitnehmer vor 65 in Rente geht, einen etwa doppelt so hohen Abschlag wie heute realisieren", so Sinn. Als Ausgleich für höhere Abschläge sollten Betroffene nach Belieben Geld hinzuzuverdienen dürfen.

Hans-Werner Sinns Vorschlag ist nicht der erste dieser Art. Wenn die deutsche Wirtschaft boomt oder kriselt, fordert er des öfteren einschneidende Reformen und beschwört düstere Zeiten herauf. Vor genau einem Jahr lancierte er zum Beispiel den Vorschlag, dass nur noch Menschen die volle gesetzliche Rente erhalten sollen, die mindestens drei Kinder in die Welt gesetzt haben.

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Hintergrund: Die Deutsche Rentenversicherung und das Arbeitsministerium gehen davon aus, dass die Mehrzahl der Antragsberechtigten im Alter zwischen 62 und 64 in diesem und dem nächsten Jahr die Möglichkeit zur abschlagsfreien Frühverrentung nutzen.

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