Seit dem Sommer 2014 verlangt die Europäische Zentralbank (EZB) einen Strafzins von 0,2 Prozent, wenn Finanzinstitute ihr Geld bei der Notenbank anlegen. Nach Einschätzung von Bank-Managern werden in Deutschland bald auch private Sparer zur Kasse gebeten, wenn sie größere Summen auf ihrem Girokonto oder Sparbuch deponieren.

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“Negativzins bald keine Seltenheit mehr“

Einige wenige Banken berechnen ihren Kunden schon jetzt negative Zinsen, warnt Asoka Wöhrmann, Chefanlagestratege der Deutschen Asset & Wealth Management, im Gespräch mit der Welt am Sonntag. „Das dürfte angesichts der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank bald keine Seltenheit mehr sein.“ Das Tochterunternehmen der Deutschen Bank verwaltet weltweit privates Fondsvermögen von 140 Milliarden Euro.

Als erstes Geldinstitut hierzulande verlangt die Deutsche Skatbank seit Samstag einen Strafzins, wenn Privatkunden größere Summen auf einem Tagesgeld- oder Girokonto parken wollen. Die kleine Direktbank soll nach Einschätzung des Sparkassenverbandes DSGV zwar ein Einzelfall bleiben. Doch nach Einschätzung von Wöhrmann ist dies unrealistisch. Strafzinsen, die bislang höchstens für Geschäftskunden gelten, träfen bald auch Privatkunden, so der Manager. Dann werde „hoffentlich jedem klar, dass es sich nicht lohnt, immer mehr Geld auf dem Sparkonto herumliegen zu lassen“.

Mehr Konsumieren und Investieren

Der Ausweg aus der Strafzins-Falle? „Wir Deutschen sparen zu viel", argumentiert Wöhrmann. "Statt sich arm zu sparen, müssen wir Deutschen wieder mehr konsumieren und gleichzeitig vernünftig investieren. Das belebt die Wirtschaft – die eigene und die Wirtschaft in Europa." Angesichts drohender Altersarmut und der Forderung, privat mehr für das Alter vorzusorgen, dürfte das für viele Sparer wie Hohn klingen.

Laut einem Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ erheben mittlerweile auch mehrere Depotbanken Strafgebühren. Die Banken hätten einzelne Fondsmanager und Vermögensverwalter darüber informiert, dass sie nun auf bar gehaltene Gelder für Investmentfonds Strafgelder zahlen müssten. Manche Fondsmanager halten bis zu zehn Prozent des ihnen anvertrauten Vermögens als Bargeld zurück, wenn an den Börsen unruhige Zeiten herrschen.

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Am ehesten seien noch Aktien geeignet, um das eigene Vermögen zu sichern. Doch das Vertrauen der Bundesbürger in die Finanzmärkte ist erschüttert. Seit 2001 haben sich rund 3,9 Millionen Menschen von ihren Aktien oder Aktienfonds getrennt, klagt das Deutsche Aktieninstitut (DAI). Damit würden nur rund 8,9 Millionen Deutsche direkt oder indirekt in Aktien investiert sein.

Reuters

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