Seit 2008 mussten Versicherer ihre Kunden zu 50 Prozent an den Bewertungsreserven beteiligen, wenn der Vertrag endete. Als Bewertungsreserve wird die Differenz zwischen dem aktuellen Marktwert einer Kapitalanlage und deren Kaufpreis bezeichnet. Das Paradoxe daran ist, dass die Versicherungsnehmer ausgerechnet in Zeiten niedriger Zinsen mit enorm hohen Ausschüttungen rechnen können. „Dem verbleibenden Kunden gehen diese Reserven schlichtweg verloren“, argumentiert Bafin-Chefin Elke König.

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Prinzip Lebensversicherung lautet: Sparen im Kollektiv

Das grundsätzliche Prinzip der deutschen Lebensversicherung lautet: Sparen im Kollektiv. Die Kapitalanlage erfolgt nicht vertragsindividuell, sondern generationenübergreifend für das gesamte Versicherungskollektiv. So sollen die Vorteile der Versichertengemeinschaft genutzt werden, etwa über eine Anlage in Zinspapieren mit langen Laufzeiten und entsprechend höheren Zinsen – unabhängig von der jeweiligen Laufzeit des einzelnen Vertrags.


Ein Anleger, dessen Vertrag in zehn bis fünfzehn Jahren ausläuft, könne dann nicht mehr damit rechnen, dass noch signifikante Bewertungsreserven vorhanden seien. „Diese entstehen nur bei sinkenden Zinsen und irgendwann ist damit Schluss.“ Je mehr die jetzigen Kunden von den Bewertungsreserven profitieren, desto weniger haben die zukünftigen Versicherungsnehmer im Topf.

Neuverteilung der Bewertungsreserven durch LVRG

Im Rahmen des Lebensversicherungs-Reformgesetz wurde kürzlich die Verteilung der Bewertungsreserven neu geregelt. Diese fließen künftig nicht mehr in voller Höhe an ausscheidende Versicherungsnehmer. Stattdessen wird ein Teil zurückgehalten, der für die Finanzierung der an die verbleibenden Versicherten gegebenen Garantiezusagen notwendig ist.

In einer aktuellen Umfrage der Wirtschaftszeitung Euro am Sonntag unter 25 Branchenführern verschwiegen nun die meisten Lebensversicherer, wie sie die Ausschüttungen bei aktuell auslaufenden Verträgen kalkulieren.

Hälfte der branchenführenden Lebensversicherer verweigert Aussage

Bei der Umfrage weigerten sich 13 der 25 angefragten Unternehmen, die aktuellen Konsequenzen der Reform zu beschreiben. Die Reaktionen reichten von „derzeit keine Aussage möglich“ (Marktführer Allianz) bis hin zum kompletten Verzicht auf eine Stellungnahme (Zurich Deutscher Herold und SV Sparkassenversicherung). Lediglich zwölf Anbieter teilten mit, wie die Gesetzesnovelle wirkt.

Lediglich bei Ergo, Versicherungskammer Bayern und Generali gibt es über das schon vor der Reform zugesagte Mindest-Maß hinaus überhaupt noch eine Beteiligung an den Bewertungsreserven auf – und dann ausschließlich in Einzelfällen.

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Die neun anderen Versicherer schütten derzeit nur im vorher garantierten Umfang aus, wollen aber am Jahresende eventuell einen Nachschlag zahlen. Das betrifft AXA, Gothaer, Provinzial Rheinland, Debeka, Iduna, Swiss Life und Volkswohl Bund). Andere Unternehmen, wie AachenMünchener und Nürnberger, haben die Zahlungen endgültig komplett gestrichen.

Euro am Sonntag

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