Spätestens seit der Gesundheitsreform 2007 hat in Deutschland jeder Bürger das Recht, bei akuten Erkrankungen oder Schmerzen versorgt zu werden. So zumindest in der Theorie, denn die damit einhergehende Versicherungspflicht stellt für viele Bürger eine zu hohe Hürde dar. Wie die Berliner Zeitung (Dienstag) berichtet, sind in Deutschland noch immer mindestens 80.000 Menschen ohne Krankenversicherung. Das gehe aus einer Stellungnahme der Bundesregierung für den Gesundheitsausschuss des Bundestags hervor.

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55.000 Menschen fanden durch Beitragsschuldengesetz in Krankenversicherung zurück

Die Stellungnahme kann zugleich als Bilanz des Beitragsschuldengesetzes gewertet werden, mit dem die schwarz-gelbe Vorgängerregierung Menschen ohne Versicherungsschutz zurück in die Krankenversicherung locken wollte. Unter anderem sah das Gesetz einen Schuldenerlass für gesetzlich Versicherte vor, die sich bis zum Jahresende 2013 bei ihrer Krankenkasse zurückgemeldet haben. Privatpatienten erhielten ihre Schulden zwar nicht erlassen, profitieren aber von einem Notlagentarif mit niedrigeren Beiträgen, der zumindest eine Grundversorgung garantieren soll.

Laut Bundesregierung kehrten bis zum Stichtag 31. August 2014 rund 55.000 Menschen in die Krankenversicherung zurück, die zuvor keinen Schutz genossen. Das Statistische Bundesamt hatte vor dieser Reform die Zahl der Menschen ohne Versicherungsschutz auf 137.000 geschätzt. Zumindest zum Teil kann somit die Reform als Erfolg gewertet werden. Den Rückkehrern wurden den Angaben der Bundesregierung zufolge Krankenkassenbeiträge in Höhe von 230 Millionen Euro und Säumniszuschläge im Umfang von 900 Millionen Euro erlassen.

Dunkelziffer weit höher

Das Statistische Bundesamt weist jedoch selbst darauf hin, dass die Dunkelziffer der Menschen ohne Krankenversicherung fast doppelt so hoch sein könnte. Denn Obdachlose und illegale Einwanderer tauchen in der Statistik nicht auf. Viele Menschen sind nicht nur mit den anfallenden Schulden überlastet: sie können auch die laufenden Beiträge kaum zahlen.

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Eine besonders gefährdete Risikogruppe sind Selbstständige (einschließlich mithelfende Familienangehörige) sowie erwerbslose Personen, wie der Mikrozensus 2011 ergab. Jeweils rund 0,8 % der Selbstständigen sowie der Erwerbslosen waren im Jahr 2011 nicht krankenversichert. Damit waren diese beiden Personengruppen in etwa viermal so häufig ohne Krankenversicherungsschutz wie die Bevölkerung insgesamt.

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