Qualitativ schlecht arbeitenden Kliniken die Versorgungsaufträge zu entziehen, sei laut AOK-Vize Uwe Deh bislang nicht möglich. Doch genau dies schlägt der Krankenkassen-Manager nun vor, wie die Ärztezeitung berichtet. Auf einer AOK-Veranstaltung in Potsdam letzte Woche sagte er: „Man muss am schlechten Ende auch den Mut haben, etwas aufzugeben.“

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AOK-Vize warnt vor „Systemversagen im medizinischen Verbraucherschutz“

Die Anreize in der Klinikplanung seien nach Meinung von Uwe Deh falsch gesetzt, da Zentrenbildung und Spezialisierungen bislang nur wenig gefördert würden. Jedoch ist der Anreiz für finanziell unter Druck stehende Kliniken sehr hoch, die Fallzahlen zu erhöhen. Um dies zu durchbrechen müssten neue Akzente gesetzt werden.

Die medizinische Versorgung nach dem Bedarf des Patienten sollte im Mittelpunkt stehen. Aktuell orientiere sich diese aber laut dem AOK-Vorstand an den Angeboten. Er plädiert daher für eine „aktive und gestaltende Krankenhausplanung“. Darüber hinaus fordert er bundesweit einheitliche Qualitätsvorgaben. Für den Marktzutritt und Markterfolg einer Klinik müsse seiner Meinung nach der Behandlungserfolg ein wesentliches Kriterium sein.

In den vielfältigen Neuerungen bei Behandlungsmethoden und Medizinprodukten sieht er zudem eine Gefahr für die Patientensicherheit und sagt dazu: „Wir laufen auf ein Systemversagen im medizinischen Verbraucherschutz zu.“

Gefährliche Routine im Krankenhausalltag?

Mehr als 25.000 Einzelanfragen nach der Vergütung von neuen Behandlungs- und Untersuchungsmethoden habe das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus im Jahr 2013 erhalten, berichtet Deh. Damit geraten laut Deh die bisherigen Entscheidungs-Mechanismen an die Grenzen der Belastbarkeit.

Am Beispiel von Blinddarm-Operationen versuchte er zu belegen, dass sogar Routine-Eingriffe eine Gefahr für Patienten darstellen. Dazu hat die AOK Daten ihrer Versicherten der Jahre 2010 bis 2012 ausgewertet. „Schlechte“ Kliniken (laut Qualitätsvergleich „Krankenhaus-Navigator") führten der Auswertung zufolge in 5,3 Prozent der Fälle deutlich häufiger ungeplante Folgeeingriffe durch. Bei den besten Kliniken waren es hingegen nur 1,8 Prozent.

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Den größten Handlungsbedarf sieht Deh allerdings bei Hochrisiko-Medizinprodukten. Diese seien oftmals unzureichend überprüft. Er verweist beispielsweise auf intrakranielle Stents im Gehirn, die drohende Schlaganfälle vermeiden sollen. Grund für diese Annahme ist eine US-Studie aus dem Jahr 2011. Diese belegte, dass diese Methode im Vergleich zu anderen dreifach häufiger zu Schlaganfällen und Todesfällen führte. Laut der AOK-Daten wird diese Methode nach wie vor in Deutschland eigesetzt und die Zahl der Eingriffe sank nur unwesentlich von 552 (2011) auf 468 (2012).

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