Es gehört zu den Besonderheiten des deutschen Gesundheitssystems, dass Beamte nicht über staatliche Träger versichert sind, sondern eine Beihilfe zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung erhalten. Doch diese Beihilfen sorgen in der Politik zunehmend für Unmut, wie die Frankfurter Rundschau (Dienstag) berichtet.

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Beihilfe als tickende Zeitbombe für die Staatskasse?

Die Beihilfen könnten sich langfristig als tickende Zeitbombe für die Staatsfinanzen entpuppen, wie aktuelle Zahlen der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen zeigen. Demnach haben sich die Beihilfezahlungen des Bundes in den letzten 20 Jahren nahezu verdoppelt, von 720 Millionen Euro im Jahr 1994 auf nunmehr 1,4 Milliarden Euro.

Bei den Pensionären ist die Kostenexplosion besonders gewaltig: hier kletterten die Ausgaben im selben Zeitraum um das 2,3fache. Als brisant könnte sich dabei entpuppen, dass die Kosten in der gesetzlichen Krankenversicherung nach Berechnungen der Grünen nur um den Faktor 1,7 gestiegen sind. Ursache hierfür ist die Alterung der Gesellschaft, die auch bei den Gesundheitskosten für Beamte voll einschlägt.

Doch der Trend geht weiterhin in Richtung Kostenexplosion. Der Generationenforscher Bernd Raffelhüschen warnt, bis zum Jahr 2050 könnten sich die Beihilfe-Ausgaben vervierfachen und damit ein hohes Haushaltsrisiko für nachfolgende Generationen bedeuten. Hinzu kommen die ohnehin hohen Pensionszahlungen des Bundes für Beamte.

Beamte stellen rund die Hälfte der Versicherten in der PKV

Was also tun – die Beihilfen abschaffen? Dies würde wohl auch die private Krankenversicherung in ihren Grundfesten erschüttern, wo Beamte immerhin die Hälfte der Versicherten stellen.

Eine echte Wahlfreiheit haben Beamte bisher nicht, ob sie sich privat oder gesetzlich versichern wollen. Als Mitglied einer gesetzlichen Krankenversicherung müssten sie ihren Kassenbeitrag komplett allein tragen, da anders als bei normalen Arbeitnehmern hier der Arbeitgeberanteil entfällt. „Das ist faktisch eine staatliche Alimentierung der privaten Krankenversicherung“, sagt Maria Klein-Schmeink von den Grünen. Die Gesundheitspolitikerin fordert statt einer Beihilfe die Auszahlung des Arbeitgeberanteils an Beamte, damit sie zwischen PKV und GKV wählen können.

Dass die Beihilfen für Beamte im Grunde staatliche Subventionen für die Privatversicherung sind, hatte erst vor wenigen Wochen der Publizist Alan Posener in der Tageszeitung Welt argumentiert. Die privaten Krankenversicherer gebe es „überhaupt nur, weil es vier Millionen Beamte gibt, die sich wegen der Beihilfe um das miese Preis-Leistungs-Verhältnis nicht kümmern müssen“, polemisiert Posener. Denn während andere Privatpatienten im Alter mit saftigen Beitragserhöhungen rechnen müssten, gebe es für Beamte einfach mehr Beihilfe, um die Mehrbelastungen aufzufangen.

Die Bundesregierung will an Beihilfen festhalten

Steht also die Existenz der privaten Krankenversicherung auf dem Spiel, wenn die Beihilfen abgeschafft werden? Ob der Strom der Beamten zu den Privatversicherern versiegen würde, ist zumindest diskutabel. Gutverdiener könnten weiterhin die PKV bevorzugen, locken doch in den guten Tarifen bessere Leistungen und kürzere Wartezeiten auf einen Arzttermin.

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Gerade für Beamte, die keinen so dicken Geldbeutel haben wie Hausmeister oder Sachverwalter, wäre die GKV möglicherweise eine Alternative – auch, weil Frau und Kinder kostenfrei mitversichert werden können. Das sowieso schon kränkelnde Neugeschäft würde damit weiter geschwächt werden, der demografische Faktor noch mehr auf den Bilanzen lasten. Die Bundesregierung hat laut Informationen der Frankfurter Rundschau schon signalisiert, an den Beihilfen festzuhalten. Befürworter der PKV könnten immerhin einwenden: Auch die GKV wird mit Milliardengeldern aus dem Staatssäckel subventioniert.

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