“Knietief im Dispo“, heißt ein Album der Düsseldorfer Punkband Fehlfarben. Schlimmer noch wird es für den Besitzer eines Girokontos, sollte der Dispokredit nicht ausreichen: dann stehen einem die Bankschulden schnell bis zum Hals. Bis zu 19 Prozent Strafzins kassieren die meisten Geldhäuser von ihren Kunden bei der Überziehung des Disporahmens. Für viele Bankkunden bedeutet das, sie werden dauerhaft im Schuldensumpf stecken bleiben.

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Aber immer mehr Geldhäuser scheren aus und verzichten darauf, bei einer Überziehung des Dispokredites Zinsen zu fordern, die über dem eigentlichen Dispozinssatz liegen. Wie der Nachrichtensender n-tv berichtet, haben Anfang des Jahres die beiden Direktbanken ING Diba und 1822 direkt erklärt, keine derartigen Überziehungszinsen mehr zu erheben. Auch die Berliner Volksbank und die Sparda Bank Baden-Württemberg haben mittlerweile ihren Verzicht erklärt, mehrere kleinere Geldhäuser schlossen sich an. „Der Zusatzzins ist nicht mehr zeitgemäß“, erklärte Sparda-Bank-Chef Martin Hettich.

Ausfallrisiko ist gering

Das „Nein“ zu höheren Strafzinsen lässt sich auch statistisch rechtfertigen. In der Regel begründen die deutschen Banken ihre unverschämt hohen Strafzinsen mit einem größeren Verwaltungsaufwand und dem hohen Ausfallrisiko. Mit anderen Worten: Wer sein Konto überzieht, der zahlt das Geld möglicherweise nicht zurück. Aber wie plausibel ist diese Annahme?

„In einer Studie des Verbraucherschutzministeriums lag die Ausfallquote bei Dispokrediten bei gerade einmal 0,3 Prozent“, berichtet n-tv. Die Dispo-Sünder sind also sehr zuverlässige Bankkunden. Sowieso erhalten nur jene Kunden einen Überziehungskredit, von deren Verlässlichkeit die Bank überzeugt ist. Wer nicht regelmäßig einen Zahlungseingang nachweisen kann, der bleibt in der Regel außen vor. Ist der Dispo ausgeschöpft, können diese Kontoinhaber weder Überweisungen ausführen noch sich Bargeld auszahlen lassen. Es spricht also einiges dafür, die Strafgebühren zu senken.

Warum aber erheben dann die meisten Banken so hohe Dispo- und Überziehungszinsen? Verbraucherschützer kritisieren: die Geldhäuser wollen sich an den Kunden ein goldenes Näschen verdienen. So ergab eine Studie der Stiftung Warentest im August 2013, dass sogar der Zinssatz für einen „normalen“ Dispo bei durchschnittlich 11,31 Prozent liegt.

Ärgerlich ist das auch deshalb, weil die Banken so billig an Geld kommen wie nie zuvor. Ganze 0,25 Prozent Zinsen zahlen sie derzeit bei der Europäischen Zentralbank – aber stecken lieber höhere Gewinne ein, statt die Ersparnisse an ihre Kunden weiterzugeben. Oft wird die Höhe des Strafzinses auch nicht transparent ausgewiesen. Bei vielen Geldhäusern muss man sich auf der Webseite durch Zahlenreihen und Tabellen quälen, um zu erfahren, was eine Überziehung des Dispos kostet.

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Strafzins wird erhalten bleiben

Weil Straf- und Überziehungszinsen für die Banken ein lukratives Geschäft sind, rechnen Experten nicht damit, dass sie langfristig bei allen Geldhäusern wegfallen werden. Auch die Politik ist nicht gewillt einzuschreiten: eine Deckelung der Überziehungszinsen ist in Deutschland Tabu. Immerhin diskutiert die Bundesregierung, ob Banken ihre Kunden zukünftig warnen müssen, wenn sie in den Dispo rutschen: eine entsprechende Absicht ist im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Bei „dauerhafter und erheblicher Beanspruchung“ soll die Bank dann ihren Kunden Beratungsangebote zur Umschuldung geben, damit sie nicht dauerhaft in die Schuldenfalle rutschen. Aber auch dieses Vorhaben lehnen die Banken ab: Bankenpräsident Jürgen Fitschen hat sich vor kurzem gegen eine gesetzliche Regelung ausgesprochen.

n-tv

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