„Frauen steigen oft schon mit einem Verdienstnachteil ein, unter anderem, weil Berufe, in denen viele Frauen arbeiten, schlechter bezahlt werden. Sie fallen später weiter zurück, weil sie den Großteil der Familienarbeit übernehmen. Sie gelangen seltener in gut bezahlte Führungspositionen. Und sie sind gar nicht so selten mit direkter oder indirekter Diskriminierung konfrontiert", sagt Dr. Reinhard Bispinck. Er leitet das Tarifarchiv vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung.
Er weiß: Besonders groß ist der Rückstand unter älteren Beschäftigten: Bei jüngeren Frauen zwischen 25 und 30 Jahren liegt er bei rund 13 Prozent, bei Frauen zwischen 36 und 40 Jahren beträgt er 19 Prozent, zwischen 51 und 55 Jahren erreicht er gut 21 Prozent und in der Altersgruppe der 61 bis 65- Jährigen sogar 28 Prozent.

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Basis der Analysen des Frauenlohnspiegels ist der Online-Fragebogen, der von den Besucherinnen und Besuchern auf der Website ausgefüllt werden kann. Im vergangenen Jahr haben dies rund 11.200 Personen getan, darunter gut 4.600 Frauen. Die Fachleute des Tarifarchivs haben den Datensatz des Jahres 2013 nach verschiedenen Kriterien ausgewertet.

Altersarmut bleibt kein Frauenproblem

Eine Studie der Allianz („The Younger Wife`s Curse“) weist darauf hin, dass Scheidung einer der Faktoren ist, der zu Armut von Frauen im Alter führen kann.
„Die Auswirkungen auf Frauen über die Generationen sind sehr unterschiedlich und hängen vor allem davon ab, wieviel sie in ihrem Leben für die Rente sparen konnten“, sagt Brigitte Miksa, Pensionsexpertin der Allianz. „Und auch wenn Männer in der Vergangenheit weniger Lücken in ihren Erwerbsbiografien hatten, dürfte Altersarmut künftig wohl nicht mehrheitlich ein Problem der Frauen bleiben.“

Der Gesetzgeber hat in den vergangenen Jahren viele Maßnahmen ergriffen, die dazu beitragen, die Rentenrisiken von Frauen zu reduzieren. So stehen mit der Reform des Versorgungsausgleichs 2009 die Rentenansprüche, die während einer Ehe gesammelt wurden, bei einer Scheidung je zur Hälfte beiden Partnern zu. Weniger Eheschließungen, eine steigende Zahl an Scheidungen und eine höhere Lebenserwartung vergrößern gleichwohl grundsätzlich das Risiko, dass eine Frau im Rentenalter ihre finanziellen Ressourcen aufgebraucht hat, so eine Aussage der Studie.

Wurden 1970 noch gut sieben Ehen pro 1.000 Einwohner in Deutschland geschlossen, waren es vierzig Jahre später nur noch knapp unter fünf. Zwar bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass weniger Partnerschaften eingegangen werden, trotzdem entscheiden sich immer mehr Menschen gegen die Ehe.
Im selben Zeitraum hat sich die Scheidungsrate fast verdoppelt – von 1,3 geschiedenen Ehen pro 1.000 Einwohner auf 2,3. Statistisch gesehen heiratet eine deutsche Frau im Alter von etwa 29 Jahren, ihre Ehe hält 14 Jahre, mit 43 Jahren wird sie geschieden.

Die Studie kommt zu dem Schluss, dass in der Vergangenheit Frauen älterer Generationen besonders verwundbar durch eine Scheidung waren; eben die, die vielleicht nie einer bezahlten Arbeit nachgegangen sind, keine Ausbildung hatten und deren Erwerbsbiografie eher durch Kindererziehung und die Pflege von Angehörigen geprägt war.

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So haben in 27 von 30 OECD-Ländern ältere Frauen ein deutlich höheres Risiko (15 Prozent), im Alter arm zu sein, als Männer (11 Prozent).
Künftig, so die Studie, wird Altersarmut wohl nicht mehrheitlich ein Problem von Frauen bleiben. Männer, die zum Beispiel nicht ihr Leben lang einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen sind, könnten sogar schlechter gestellt sein als Frauen; ebenso Männer, die mehrere Male geheiratet haben, geschieden worden sind, und mehrere Frauen und Kinder zu unterstützen haben.

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