Mit Urteil (1 ZR 183/12) vom 18.09.2013 entschied der BGH in einem von der Rechtsanwaltskanzlei “Wirth-Rechtsanwälte” für den AfW – Bundesverband Finanzdienstleistung e.V. geführten Rechtsstreit gegen die AOK Nordost. Der AfW setzte letztinstanzlich im Rahmen eines Wettbewerbsprozesses durch, dass die AOK Nordost es zukünftig zu unterlassen hat, ohne die notwendige Erlaubnis nach § 34 d Gewerbeordnung private Krankenzusatzversicherungen anzubieten, zu ermöglichen und/oder mit einem derartigen Angebot zu werben.

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Fehlende Erlaubnis zur Versicherungsvermittlung durch Krankenkassen

Der AfW – Bundesverband Finanzdienstleistung e.V. ist der Berufsverband unabhängiger Finanzdienstleister, seine Mitglieder sind qualifizierte und registrierte Versicherungs- und Finanzanlagenvermittler. Der Verband sah in der Vermittlung von privaten Versicherungen durch Mitarbeiter der gesetzlichen Krankenkasse AOK Nordost einen Verstoß gegen Paragraf 34 d Gewerbeordnung (GewO). Der § 34 d GewO wurde 2007 insbesondere eingeführt, damit Verbrauchern nur noch qualifizierte, registrierte und mit einer Berufshaftpflichtversicherung ausgestattete Versicherungsvermittler gegenüber treten. Nach dieser Vorschrift bedarf es zur Vermittlung von privaten Versicherungsverträgen einer gewerberechtlichen Erlaubnis und einer Registrierung bei der örtlich zuständigen IHK. Weder die AOK Nordost noch die einzelnen Mitarbeiter haben eine solche Erlaubnis und Registrierung.

Spätestens nach dem BGH-Urteil musste die Rolle der eigentlich zuständigen Aufsichtsbehörden kritisch hinterfragt werden, heißt es in der Mitteilung der Kanzlei Wirth. Das betraf in erster Linie die für die AOK Nordost zuständige Aufsichtsbehörde Bundesversicherungsamt (BVA), aber auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Sie war als Aufsichtsbehörde für das private Versicherungsunternehmen zuständig, deren Versicherungen durch die AOK Nordost vermittelt wurden. Beide Behörden ließen den Missstand jahrelang zu.

BaFin verschärft Aufsicht über private Versicherer, die mit Kassen zusammenarbeiten

Etwa vier Monate nach dem Urteil verschärfen beide Behörden ihre Aufsicht über die Krankenkassen. Seitens der Bundesanstalt für Finanzdienstleistugnsaufsicht (BaFin) werden die von ihr beaufsichtigten Versicherer – insbesondere die privaten Krankenversicherer – darauf hingewiesen, dass sie verstärkt darauf zu achten haben, dass bei der Zusammenarbeit mit gesetzlichen Krankenversicherungen im Regelfall Versicherungsaufsichtsgesetz und § 34 d GewO Anwendung finden. Die BaFin teilte mit, sie werde Zuwiderhandlungen bei der Missstandsaufsicht aufgreifen und gegebenenfalls als Ordnungswidrigkeit sanktionieren. "Für die von der BaFin beaufsichtigten privaten Krankenversicherer gilt: Wie alle Versicherungsunternehmen müssen auch sie § 80 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) beachten, wenn sie mit Versicherungsvermittlern zusammenarbeiten wollen" heißt seitens der Bundesaufsichtsbehörde.

Das Bundesversicherungsamt, welches die Rechtsaufsicht über die bundesunmittelbaren Träger der gesetzlichen Krankenversicherung führt, weist ebenfalls aktuell in einem Rundschreiben an das Bundesgesundheitsministerium, die Aufsichtsbehörden der Länder und den GKV-Spitzenverband auf das Urteil und seine Auswirkungen hin. Im Schreiben werden die Krankenkassen dringend angehalten, die gewerberechtlichen Regelungen zur Versicherungsvermittlung, wie sie sich aus § 34 d Gewerbeordnung ergeben zu beachten.

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Rechtsanwalt Norman Wirth meint hierzu: „Ich sehe das mit gewissem Optimismus. Das Urteil und diese Reaktionen führen hoffentlich dazu, dass die Grenzen der rechtswidrigen Versicherungsvermittlung klarer gezogen sind. Bei rechtswidriger Versicherungsvermittlung handeln damit hoffentlich die jeweiligen Aufsichtsbehörden zukünftig unmittelbar – ohne einen jahrelangen Wettbewerbsprozess abzuwarten. Das wäre im Interesse der Kunden und der korrekt und kundenorientiert arbeitenden Versicherungsvermittler jedenfalls äußerst wünschenswert.“

Wirth Rechtsanwälte

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