Das Bundeskabinett hat am Mittwoch die Rentenpläne von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) gebilligt. Dabei hat es die schwarz-rote Koalition eilig: Ab 01. Juli sollen die Änderungen bereits in Kraft treten. Die Mehrausgaben aus dem „Gesetzentwurf über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung“, derzeit rund 9-11 Milliarden Euro, sollen zunächst aus der gesetzlichen Rentenkasse gezahlt werden.

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Gegen Kritik, die Rentenreform sei zu teuer und belaste die jetzigen Arbeitnehmer, setzte sich Nahles zur Wehr. Mit der abschlagsfreien Rente ab 63 für langjährig Versicherte werde den Betroffenen "nichts geschenkt", sagte Nahles. "Diese Rente ist verdient."

Unter anderem hatte Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) die Rentenpläne in einem Kommentar für die „Bild“-Zeitung scharf kritisiert. Schröder bezeichnete sie als „absolut falsches Signal, gerade mit Blick auf unsere europäischen Partner, von denen wir ja zu Recht Strukturreformen einfordern. Ich verstehe, welchen gesellschaftlichen Gruppen man mit den Koalitionsbeschlüssen helfen will, das ändert aber nichts am zentralen Problem: Wie soll das finanziert werden?“ Langfristig ginge dies nur über die Erhöhung der Rentenbeiträge, argumentiert Schröder.

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Über die Eckpunkte der Rentenreform wurde zuvor schon umfangreich berichtet. Hier noch einmal die wichtigsten Pläne der Koalitionäre:

  • Rente mit 63 Langjährige Versicherte, die 45 Jahre lang in die Rentenkasse einzahlt haben, können mit 63 Jahren bereits abschlagsfrei in Rente gehen. Die abschlagsfreie Rente mit 63 soll laut Bundesarbeitsministerium jene belohnen, „die ihr Arbeitsleben bereits in jungen Jahren begonnen und über Jahre hinweg durch Beschäftigung, selbstständige Tätigkeit und Pflege sowie Kindererziehung ihren Beitrag zur Stabilisierung der gesetzlichen Rentenversicherung“ geleistet haben. Um besondere Härten zu vermeiden, wird auch die kurzzeitige Arbeitslosigkeit mit Bezug von Arbeitslosengeld I (und weiterer Entgeltersatzleistungen wie z.B. bei Weiterbildung, Kurzarbeit oder Insolvenzfall) berücksichtigt. Keine Berücksichtigung finden hingegen Zeiten der Langzeitarbeitslosigkeit (frühere Arbeitslosenhilfe oder Arbeitslosengeld II).

  • Mütterrente Mit der Mütterrente bekommen Frauen, die vor 1992 geborene Kinder erzogen haben, einen zusätzlichen Entgeltpunkt gutgeschrieben. Dadurch erhöht sich deren Rente im Westen monatlich um 28,14 Euro, im Osten um 25,74 Euro brutto.
    Mit den hierdurch höheren Renten sollen die Erziehungsleistungen dieser Frauen besser honoriert werden: „Sie hatten nicht die gleichen Betreuungsmöglichkeiten und damit Chancen auf Berufstätigkeit wie jüngere Frauen sie seitdem haben – was zu Nachteilen in der Alterssicherung führte“, argumentiert das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Und versucht damit, die doch recht willkürliche Grenzziehung zu rechtfertigen: Hatten Frauen, die ein Jahr später Kinder bekamen, etwa bessere Chancen? Gibt es nicht auch heute noch zahlreiche Widerstände in der Vereinbarkeit von Familie und Beruf?
    Die Begründung für diese Besserstellung erfolgt mit rein volkswirtschaftlichen Argumenten. „Die Kinder dieser Frauen sind (…) genauso wie die nach 1992 geborenen das Fundament, auf dem die Rentenversicherung und der Generationenvertrag stehen“, heißt es in der Pressemeldung des Ministeriums. Und weiter: „Dieser Einsatz für die Stabilität der Alterssicherung wird in Zukunft in der Rente besser als bisher anerkannt – allerdings mit dem nötigen Augenmaß, denn die finanziellen Belastungen dürfen Beitrags- und Steuerzahler nicht überfordern.“ Eine völlige Gleichstellung der Erziehungsleistungen vor und nach 1992 geborener Kinder sei daher nicht möglich.

  • Höhere Erwerbsminderungsrenten Wer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr erwerbstätig sein kann, erhält eine Erwerbsminderungsrente. Erwerbsgeminderte werden dabei im Moment so gestellt, als ob sie mit ihrem bis zur Erwerbsminderung erzielten durchschnittlichen Einkommen bis zum 60. Lebensjahr weitergearbeitet hätten. Für alle, die ab 1. Juli 2014 in Erwerbsminderungsrente gehen, werden hier zwei Jahre zusätzlich berücksichtigt. Zum anderen wird künftig verhindert, dass sich die letzten vier Jahre vor Eintritt der Erwerbsminderung negativ auf die Rentenhöhe auswirken. Einkommenseinbußen zum Beispiel durch den Wegfall von Überstunden, Wechsel in Teilzeit oder Krankheit wirken sich dann nicht negativ auf die Rente aus.

  • Atmendes Reha-Budget Die Rentenversicherung finanziert ein umfangreiches Spektrum an Leistungen zur medizinischen und beruflichen Rehabilitation. Das Budget der Rentenversicherung für diese Leistungen wird nun an den demografischen Wandel angepasst. Für die Zeit, in der nun die geburtenstarken Jahrgänge ("Babyboomer") das rehabilitationsintensive Alter ab 45 Jahren erreichen, „stehen der Rentenversicherung damit automatisch ausreichende Mittel zur Verfügung“, so das Bundesministerium.
BMAS

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