Versicherungsbote:
Der Preiskampf bei Kfz-Versicherungen scheint sich seinem Ende zu nähern. So erwägt z.B. die Allianz deutliche Beitragserhöhungen. Können Sie sagen, welche Versicherungen ihre Beiträge ebenfalls für Bestandskunden erhöhen wollen?

Ingo Weber:
Die Pläne der Allianz sind bekannt. Es ist wahrscheinlich, dass andere Anbieter ebenfalls bereits konkrete Pläne für Preissteigerungen haben. Hintergrund der geplanten Beitragserhöhungen sind die andauernden Verluste der Versicherer im Kfz-Geschäft. Wie eine Analyse des Brancheninformationsdienstes Map-Report zeigt, haben die Anbieter mit Kfz-Versicherungen in den letzten fünf Jahren insgesamt fast 300 Millionen Euro Verlust geschrieben.

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Versicherungsbote:
Eine Kurzumfrage der Unternehmensberatung h&z kommt zu dem Ergebnis, dass sich die Kfz-Versicherung in den nächsten Jahren zu einem White Label-Produkt entwickeln wird. Die Kfz-Versicherung wäre demnach ein fester Bestandteil eines Gesamtlösungspakets der Automobilhersteller; Versicherer sozusagen nur noch Zulieferer. Teilen Sie diese Einschätzung?

Ingo Weber:
Wir beobachten die Tendenz, dass im zunehmenden Wettbewerbsdruck die Strahlkraft der Versicherungsmarke abnehmen wird. Neben dem Preis werden jedoch Service und Leistungsumfang als wichtige Differenzierungsmerkmale an Bedeutung zunehmen. Eine Gesamtpaketlösung richtet sich überwiegend an Käufer von Neufahrzeugen. Sobald der Fahrer jedoch die erste Rechnung der Versicherung erhält, werden die tatsächlichen Kosten transparent. Spätestens dann wird für den Kunden „seine“ Versicherung greifbar. Die Auseinandersetzung mit den individuellen Angeboten tritt ins Bewusstsein und das Wechselpotential besteht unverändert fort.

Versicherungsbote:
Welche Rolle werden Ihrer Meinung nach Telematik-Lösungen in Zukunft spielen wie sie die SparkassenDirekt-Versicherung für nächstes Jahr angekündigt hat?

Ingo Weber:
Viele Verbraucher haben Interesse an einem verhaltensabhängigen Tarifmodell - trotz aller datenschutzrechtlichen Bedenken. Das hat eine Studie des Kölner Marktforschungsinstituts YouGov jüngst ergeben. Ob solche Lösungen massenmarkttauglich sein können, hängt maßgeblich von der Ausgestaltung dieser sogenannten Pay-as-you-drive-Tarife ab.
Das Beispiel der SparkassenDirekt-Versicherung zeigt das. Dieser Tarif ist für Großstädter und Nachtarbeiter gänzlich ungeeignet. Warum? Wer zwischen 23 und sechs Uhr unterwegs ist, erhält pro gefahrenen Kilometer einen Minuspunkt. Das gleiche gilt für alle Stadtfahrten. So rückt der ersehnte Rabatt in Höhe von 5 Prozent in weite Ferne, von den monatlichen Zusatzkosten von 5,95 Euro für die Miete der Telematikbox mal ganz abgesehen. Damit sich aber Telematik-Tarife auf dem deutschen Markt durchsetzen können, müssen sie eine Bedingung zwingend erfüllen: Die in Aussicht gestellte Ersparnis muss so signifikant sein, dass Verbraucher ihre großen Bedenken bezüglich des Datenschutzes über Bord werfen.

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Vielen Dank für das Interview. Die Fragen für Versicherungsbote stellte Michael Fiedler.

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