Wer diesen Mann nicht kennt, hat in den letzten Jahren kein Fernsehen geschaut. Mit grauen Haaren und sympathischen Lachfalten unter den Augen bewegte sich Peter Endres in den Werbespots der Ergo Direkt, als sei die Versicherungswelt ein Versuchslabor, in dem ständig die verrücktesten Dinge passieren. Er setzte sich auf Zahnarztstühle, sah Erfindern dabei zu, wie ihre wirren Schöpfungen explodieren, ihm tanzten graue Mäuse mit Regenschirm vor der Nase herum. Endres bewegte sich in dieser verrückten Welt mit der Souveränität eines James Bond. In den Spots der Werbeagentur Aimaq von Lobenstein entstanden aus dem größten Chaos heraus die besten Ideen für die Kunden.

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Doch Endres ist nicht nur das Werbegesicht der Ergo Direkt, er ist auch deren Chef. Seit 2003 leitet er das Versicherungsunternehmen, sein Vertrag wäre noch bis Ende 2014 gelaufen. Umso überraschender kam die Nachricht, dass der langjährige Chef der Ergo-Tochter beim Aufsichtsratschef Daniel von Borries ein Rücktrittsgesuch eingereicht hat. Das Unternehmen bestätigte am Mittwoch entsprechende Gerüchte, nachdem das Handelsblatt und die Süddeutsche Zeitung darüber berichtet hatten.

Spekulationen über Rücktrittsgründe

Doch warum kehrt Endres der Ergo Direkt vorzeitig den Rücken? Am wirtschaftlichen Erfolg kann es nicht liegen, das Nürnberger Unternehmen gilt als Erfolgsgeschichte. Deshalb machen Insider Verwerfungen mit der Konzernmutter für den Rücktritt verantwortlich. Der Ergo-Konzern will seine Direkt-Tochter „enger in das Gesamtkonzept“ einbinden, um das „Know How“ in Sachen Internetvertrieb besser zu nutzen, heißt es aus Unternehmenskreisen. Endres hätte weniger Entscheidungsspielraum gehabt und wichtige Kompetenzen abgeben müssen.

Der Betriebsrat des Nürnberger Unternehmens vermutet, dass es deshalb zum Streit zwischen Endres und der Konzernführung gekommen sei. Der sehr selbstständig agierende Manager habe im Unternehmen keinen Platz mehr für sich gesehen. Ein Ergo-Sprecher wies diese Version gegenüber Cash Online zurück – Endres selbst habe derartige Gerüchte im firmeneigenen Intranet bestritten und richtiggestellt. Doch auch das Handelsblatt beruft sich auf Insider, wonach der Rücktritt einem Rauswurf gleichkomme.

Endres verlässt die Branche

Auf jeden Fall wird die Assekuranz mit Peter Endres einen prominenten Manager verlieren, der mit seiner Präsenz in den Medien ein positives Image der Branche vermitteln konnte. Zur Zukunft von Endres ließ ein Sprecher ausrichten, dass dessen künftigen Pläne “definitiv nichts mit Versicherungen” zu tun haben. Die vakant gewordene Stelle bei der Ergo Direkt soll Aufsichtsratschef Daniel von Borries übernehmen.

Ob der Nachfolger ein ähnliches schauspielerisches Talent besitzt wie Endres, wird dann möglicherweise nicht mehr entscheidend sein. Auch der Vertrag mit der Werbeagentur Aimaq von Lobenstein wird zum Jahresende auslaufen, dann wird die Agentur Rapp Germany eine neue Kampagne gestalten. Laut Medienberichten sollen die Kunden wieder stärker in den Mittelpunkt der Werbespots gestellt werden.

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Einen Ratschlag von Endres sollten allerdings die neuen Werbemacher beherzigen. In einem Interview sagte der geschasste Vorstand: „Wir haben ja ein Low Interest Produkt, denn kein Mensch beschäftigt sich freiwillig mit Versicherungen. Ich muss also Appetit machen, dafür ist Werbung da. Und Appetit machen bedeutet heute, dass die Leute vor dem Fernseher zu ihrem mobilen Gerät greifen und gleich auf unsere Angebote gehen." Die irrwitzigen Werbespots mit Endres in der Hauptrolle haben dies wohl geschafft.

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