Für Diebe lohnt sich Autodiebstahl in Deutschland noch immer. Laut einer aktuellen Studie des Versicherungsportals geld.de kann die Polizei etwa nur jeden vierten Diebstahl aufklären. Die Mehrheit der Langfinger kommt folglich ohne Strafe davon.

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Im Jahr 2012 wurden in Deutschland 37.328 Kraftwagen geklaut, was einen Gesamtschaden von 400 Millionen Euro verursachte. Das entspricht zwar einem leichten Rückgang gegenüber 2011 um 9 Prozentpunkte. Aber noch immer wechseln täglich im Schnitt etwa 103 PKW ungewollt den Besitzer.

Zum zweiten Mal hat das Webportal in einer umfassenden Städte- und Bundeslandstudie die Diebstahlzahlen in Zusammenhang mit der Anzahl der zugelassenen Kraftwagen gesetzt - nicht wie üblich pro Einwohner - und die ermittelten Tatverdächtigen erhoben. Das Ergebnis: Allein auf die größten 120 Städte entfallen über 54 Prozent (20.142) aller gemeldeten Kraftwagendiebstähle (37.328) in Deutschland.

Nord- und Ostdeutschland sind Diebstahlhochburgen

Hochburgen des Autodiebstahls sind die Großstädte in Nord- und Ostdeutschland. Nach Interpretation der Studienverfasser liegt dies daran, dass oft professionelle Autoschieber am Werk sind und die Städte gute Verkehrsanbindungen gen Osteuropa bieten. Schnell kann also das Diebesgut ins Ausland und damit in Sicherheit gebracht werden.

Fest steht: Obwohl die Anzahl der Diebstähle zurück ging, blieb der Quote der ausländischen Tatverdächtigen im Bereich Auto-Klau erschreckend hoch. Fast ein Drittel der bundesweit ermittelten Täter (31,2 Prozent) kamen von jenseits der deutschen Grenzen. 2011 waren es 31,4 Prozent. Vor 23 Jahren, 1990, im Jahr der deutschen Einheit, waren es gerade einmal 16 Prozent: Im Jahr (2008) nach dem Wegfall der Grenzkontrollen zu Polen und Tschechien wurden 22,9 Prozent ausländische Straftäter ermittelt.

Spitzenreiter bei den Autodiebstählen ist wie schon im Jahr 2011 Frankfurt an der Oder. Direkt an der polnischen Grenze gelegen, verschwanden im Jahr 2012 statistisch betrachtet 844 Wagen je 100.000 zugelassene Fahrzeuge. Damit liegt die Stadt 680 Prozent über dem Bundesdurchschnitt. Insgesamt verzeichnete die Polizei im Stadtgebiet 264 Fälle. Die Stadt ist für die Autoknacker nach wie vor ein lohnendes "Jagdgebiet". Denn auch in den Vorjahren führte Frankfurt/Oder die Liste an: 781 Delikte je 100.000 Kraftwagen (2011). Im Jahr 2010 waren es sogar 993 Delikte 100.000 Fahrzeuge.

Platz zwei geht an Dresden. In der sächsischen Landeshauptstadt verschwanden Autos im vierstelligen Bereich: 1.155 Stück. Das entspricht einer Quote von 506 Gestohlenen je 100.000 zugelassener Wagen und damit 368 Prozent über dem Studienschnitt. Im rund 100 Kilometer weiter östlich gelegenen Görlitz kamen zwar "nur" 127 Autos weg, doch bei einem Kraftfahrzeugbestand von 25.400 macht es eine statistische Diebstahlquote von 127. Die östlichste deutsche Stadt liegt damit auf Platz drei der Diebstahlzentren.

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Die Hauptstadt Berlin kann sich noch immer der größten Anzahl gestohlener Autos rühmen: 5.760 Stück (468 je 100.000 Fahrzeuge). Das sind zwar 1.580 weniger als im Jahr 2011, aber noch immer 16 Autos pro Tag im Stadtgebiet. Auf Platz fünf folgt Potsdam. Die brandenburgische Landeshauptstadt "glänzt" mit 413 geklauten Autos je 100.000 Angemeldeter. Danach folgt Cottbus: Rund 40 Kilometer vom für Autos nutzbaren Grenzübergang entfernt verschwanden im Jahr 2012 413 Kraftwagen je 100.000 zugelassener Fahrzeuge.

Kurze und schnelle Fluchtwege

Wie ohnmächtig die Polizei bei der Aufklärung der Diebstähle ist, zeigt die kurze Zeitspanne, die den Polizisten zum Eingreifen bleibt. Während die Diebe in Frankfurt/Oder und Görlitz zum Teil weniger als fünf Minuten benötigen um mit dem Diebesgut Deutschland zu verlassen, sind es aus Cottbus (rund 30 Minuten) oder Berlin und Potsdam auch nur knapp 80 Minuten bis zur Grenze. Für die Diebstahlopfer und die Ermittlungsbehörden bleibt in diesen Fällen kaum Zeit, den Dieben das Handwerk zu legen.

Ähnliches spielt sich auch im Westen der Republik ab, wo die gestohlenen Autos bevorzugt nach Afrika verschifft werden. In Aachen benötigen die Ganoven mit den gestohlenen Autos auch nur wenige Minuten um über - dem Schengen-Abkommen sei Dank - die offene Grenze nach Belgien oder die Niederlande zu entkommen. Nicht ohne Grund findet sich Aachen als erste westdeutsche Stadt auf Platz sechs mit 316 gestohlenen Autos je 100.000 Zugelassener und eine Quote von 192 Prozent über dem Studienschnitt.

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Auf den weiteren Plätzen folgen: Rostock (313 je 100.000 Kraftwagen, absolut 266), Leipzig (291 je 100.000 Kraftwagen, absolut 627), und Magdeburg (284, absolut 317). Die zweite Diebstahlhochburg aus den alten Bundesländern findet sich mit Hamburg erst auf Platz elf. In der Freien und Hansestadt fühlen sich die Autoknacker tatsächlich frei. Im Verhältnis zu den gemeldeten Autos wurden 270 Autos im Jahr 2012 geklaut. Mit jedoch 2.141 Diebstählen absolut belegt Hamburg in diesem Bereich sogar bundesweit Platz zwei.

Weitere Kraftwagen-Diebstahls-Hochburgen sind das kleine Heide (205 je 100.000 Kraftwagen, absolut 23), Halle an der Saale (200 je 100.000 Kraftwagen, absolut 192), Hannover (165, absolut 356), Chemnitz (164, absolut 214), Wolfsburg (162, absolut 203), Braunschweig (159, absolut 205), Dessau-Roßlau (154, absolut 70), Köln (152, absolut 716), Schwerin (149, absolut 67), Neubrandenburg (148, absolut 50), Erfurt (140, absolut 138), Kassel (138, absolut 123), Jena (137, absolut 62), Offenbach (132, absolut 70), Stralsund (132, absolut 35), Göttingen (131, absolut 67) und Düsseldorf (130 je 100.000 Kraftwagen, absolut 393).

Im Bereich der absoluten Diebstahlwerte führen Berlin und Hamburg die Statistik an. Erst auf Platz 17 mit insgesamt 225 Diebstählen folgt die dritte deutsche Metropole, München. Laut Auskunft der Polizei liegt diese für eine deutsche Großstadt recht untypische Quote von 32 Autos je 100.000 zugelassene Fahrzeuge an der hohen Polizeipräsenz und den kurzen Notrufzeiten sowie der guten Aufklärungsarbeit.

Städte im Süden und Südwesten sind sicherer

Wie schon im vergangen Jahr liegen die im Verhältnis sicheren Städte fast durchgängig im Süden und Südwesten der Republik. So können Autobesitzer vor allem in Baden-Württemberg und Bayern ruhig schlafen, besonders gut in Garmisch-Partenkirchen, Kempten, Straubing und Konstanz. In allen vier Städten verschwanden 2012 absolut betrachtet bis maximal 6 Kraftwagen. Statistisch gesehen ist aber Garmisch-Partenkirchen die sicherste Stadt im Vergleich: 7 gestohlene Wagen je 100.000 Zugelassener.

Doch wie bereits das Beispiel Aachen zeigt, sind auch die westlichen Bundesländer nicht geschützt vor hohen Diebstahlquoten. Besonders aktiv waren die Autoknacker im Jahr 2012 in Nordrhein-Westfalen. Zwischen Rhein und Ruhr wurden 7.369 Diebstähle bei der Polizei gemeldet. Bei rund 9,9 Millionen zugelassenen Kraftwagen macht dies eine Quote von 74 aus. Allerdings bedeutet das im Verhältnis immer noch deutlich weniger Diebstähle als in Städten wie Hamburg oder Berlin.

Polizeiliche Aufklärungsquote in Diebstahlhochburgen gering

Fest steht: Diebstahlhochburgen haben auch die schlechtesten Aufklärungsquoten. Unrühmlicher Spitzenreiter ist Wolfsburg mit nur 6,4 Prozent Aufklärungsquote. Hier brauchen sich die Opfer keine Gedanken zu machen, dass ihr Auto jemals wiedergefunden wird. Ähnlich düster: Aachen (8,8 Prozent), Frankfurt/Oder, Hamburg (beide 9,5 Prozent), Braunschweig (9,8 Prozent), oder Berlin (11,6 Prozent).

Glücklich schätzen können sich dagegen Auto-Besitzer mal wieder im Süden und Westen der Republik. So reichen die Quoten von unglaublichen 100 Prozent in Pirmasens, Straubing und Garmisch-Partenkirchen bis zu guten Werten von über 60 Prozent in Aschaffenburg, Baden-Baden, Mainz oder Aalen. Allgemein glänzen die Länder Bayern, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg mit Aufklärungsquoten von 61 Prozent bis 49 Prozent, im Gegensatz zum Nordosten (Hamburg, Berlin, Brandenburg, und Sachsen) mit nur 9,5 Prozent bis 21,9 Prozent.

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Aber mitunter ist die niedrige Aufklärungsquote auch auf die hohe Professionalität der Täter zurückzuführen. Das Knacken von elektronischen Sicherheitseinrichtungen, das Zerlegen der "Beute" in Einzelteile, die Fälschung von Urkunden und Fahrzeugpapieren sowie der Abtransport und Weiterverkauf lassen das Bild einer zum Teil hochorganisierten Tätergruppe entstehen, mit Absatzmärkten in Osteuropa, dem Balkan, dem Nahen Osten und Nordafrika. Trotz rückläufiger Diebstahlzahlen bleibt der Sachschaden fast unverändert hoch. Denn es wird mittlerweile auf Bestellung geklaut - vor allem hochwertige und hochpreisige Fabrikate deutscher oder japanischer Hersteller. Der Autoklau wird mittelfristig in Deutschland ein florierendes Geschäft auf Kosten der Versicherten bleiben.

geld.de
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